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Bestellerprinzip in Österreich: Wer beauftragt, bezahlt

Ab 1.7.2023 gilt in Österreich das Bestellerprinzip für die Vermietung von Wohnungsmietverträgen. Was gilt, wer die Provision zahlt und welche Übergangsregelungen es gibt. Wir informieren.

Besichtigung Immobilie

Was ist das Bestellerprinzip und wer ist betroffen?

“Wer anschafft, bezahlt” so lässt sich kurz und knapp das Bestellerprinzip definieren. Das heißt, der oder diejenige, welche den/die Immobilienmakler*in als erster beauftragt, bezahlt auch die Maklerprovision. Ein Abwälzen auf die andere Vertragspartei oder Teilung der Provision ist damit ab 1. Juli 2023 nicht mehr möglich. Das Bestellerprinzip greift jedoch nur auf die Vermietung von Wohnungen. Damit bleibt die Regelung zur Höchstprovision beim Kauf, sowie bei der Miete von z.B. Geschäftsräumlichkeiten oder Einfamilienhäusern nach wie vor aufrecht.

Das neue Bestellerprinzip für Wohnungsmiete wird im Maklergesetz-Änderungsgesetz geregelt, welches das bestehende Maklergesetz (MaklerG) erweitert: § 17a Vermittlung von Wohnungsmietverträgen. Gehen wir also das Gesetz Schritt für Schritt durch.

Vermieter als Auftraggeber

Wenn ein Vermieter als erster Auftraggeber einen Immobilienmakler mit der Vermittlung eines Wohnungsmietvertrags beauftragt hat, kann der Makler nur mit ihm eine Provision vereinbaren.

In den meisten Fällen wird als erstes mit dem/der Vermieter*in ein Vermittlungsvertrag geschlossen. Somit darf in dieser Situation keine Provision mehr von Mieter*innen verlangt werden. Da das Bestellerprinzip erst mit 1.7.2023 in Kraft tritt, trifft dies alle Mieter*innen die ab diesem Datum anfragen. All jene, die bereits zu einer Mietwohnung angefragt haben, sind nach wie vor provisionspflichtig. Die Provision, welche der/die Makler*in vom/von der Vermieter*in verlangt, darf diese/r auch im Nachhinein nicht an den/die Mieter*in abwälzen. Im Regelfall wird es ab Juli also überhaupt keine Maklerverträge mit Mieter*innen geben. Und damit einhergehend fallen 2 Punkte weg:

  • Die Doppelmaklertätigkeit: Makler*innen sind bei der Vermietung von Wohnungen somit nur mehr dem/der Vermieter*in gegenüber verpflichtet. Bei neuen Anfragen werden Wohnungssuchende wohl darüber informiert werden, dass der/die Makler*in keine Doppelmakler*in ist. Damit entfällt sämtliche Haftung wegen Verletzung der Aufklärungspflichten von Immobilienmakler*innen. Kurzum, Immobilienmakler*innen müssen damit keine Aufklärung über Mietrechtsgesetz oder die Mietwohnung als solches mehr leisten.
  • Die Bestätigung des Widerrufs: Nach Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz muss schriftlich bestätigt werden, dass Makler*innen sofort für Interessent*innen tätig werden dürfen und nicht erst nach 14-tägiger Frist. Diese Absicherung dient zur Sicherstellung der Provision trotz Rücktrittsoptionen von Interessent*innen und ist zumindest bei Wohnraummieten damit nicht mehr notwendig.

Mieter als Auftraggeber

Mit einem Wohnungssuchenden kann ein Immobilienmakler nur dann eine Provision vereinbaren, wenn ihn dieser als erster Auftraggeber mit der Vermittlung eines Wohnungsmietvertrags beauftragt hat.

 

In bestimmten Fällen sind auch Mieter*innen diejenigen, die Immobilienmakler*innen als erstes mit der Suche nach einer Immobilie beauftragen. Jedoch ist auch hier das Recht auf Provision sehr eingeschränkt. Die Provision ist nach Abs. 3 nämlich auch hier verboten, wenn:

  • Vermieter*in oder Hausverwaltung am Unternehmen des Maklers beteiligt ist (unmittelbar oder mittelbar) oder selbst Einfluss auf das Unternehmen ausüben kann und umgekehrt auch wenn Makler*innen am Unternehmen des/der Vermieter*in oder Hausverwaltung beteiligt sind. Damit fallen bisher übliche Makler/Hausverwaltungskombinationen gänzlich aus der möglichen Mieterprovision bei Wohnungsmieten, auch wenn Mieter*innen nachweislich zuerst beauftragt haben
  • Wenn Vermieter*in, Makler*in oder Hausverwaltung vom Abschluss eines Maklervertrags abgesehen hat, damit der/die Mieter*in als Erstauftraggeber*in provisionspflichtig wird
  • Die zu vermietende Wohnung bereits mit Einverständnis des/der Vermieter*in inseriert wurde oder aber einem eingeschränkten Interessentenkreis bereits angeboten wurde

Davon abgesehen ist die Erstbeauftragung eines Maklers zur Wohnungssuche nur dann gültig, wenn sie schriftlich oder auf durch dauerhaften Datenträger (z.B. per Online-Signatur) abgeschlossen wurde und das Datum des Abschlusses beinhaltet. Beim Provisionsanspruch ist dann durch den Makler zu beweisen, dass weder der/die Vermieter*in zuerst beauftragt hat, noch eine der genannten Ausnahmen zutrifft.

Ausnahme: Vermittlung an Dienstgeber

Alle genannten Provisionsregelungen (und auch die weiter unten genannten ungültigen & verbotenen Handlungen) gelten nicht, wenn ein Unternehmen als Arbeitgeber für seine Mietarbeiter eine Mietwohnung sucht. In diesem Fall ist der Suchende zwar Mieter, aber keine Privatperson, d.h. hier greift das Bestellerprinzip nicht:

Abs. 6 Die Abs. 1 bis 4 gelten nicht für die Vermittlung von Wohnungsmietverträgen, die von Dienstgebern als Mieter geschlossen werden, um Dienstnehmern eine Dienst-, Natural- oder Werkswohnung (§ 1 Abs. 2 Z 2 MRG) zur Verfügung zu stellen.

Ungültige & Verbotene Handlungen

Unwirksame Vereinbarungen

Folgende Vereinbarungen dürfen nicht mit Mieter*innen geschlossen werden:

Vereinbarungen, die Mieter*innen zu einer sonstigen Leistung im Zusammenhang mit der Vermittlung oder dem Abschluss eines Wohnungsmietvertrags

  • an den nicht provisionspflichtigen Immobilienmakler oder an den/ die Vermieter*in verpflichtet
  • ohne gleichwertige Gegenleistung an den früheren Mieter oder an einen sonstigen Dritten verpflichtet

Zudem sind im Vollanwendungsbereich MRG auch alle Vereinbarungen nach § 27 MRG. Somit gelten mit dem Bestellerprinzip folgende Straftatbestände:

Straftatbestände

Entgegennehmen, vereinbaren oder fordern

  • von Provisionen oder sonstige Leistungen durch Immobilienmakler*innen (Z1) bzw. im Fall der Erstbeauftragung durch den/die Interessent*in (mit gültiger Provisionspflicht), wenn der Maklervertrag nicht schriftlich oder auf einem dauerhaften Datenträger festgehalten wurde (Z3).
  • von Leistungen aus verbotenen Vereinbarungen durch Vermieter*innen, Vormieter*innen oder sonstigen Dritten (Z2)

Die Strafen für Z1-2 betragen bis zu 3.600,- € , für z3 bis zu 1.500,- €

Bestellerprinzip für Vermieter*innen

Grundsätzlich sollte es schon jetzt üblich sein, dass Vermieter*innen für die Vermittlung ihrer Mietwohnungen durch ein/e Immobilienmakler*in zahlen. Was bisher ein “Kann-sein” war, wird jetzt jedoch zum “Muss” auf das alle Immobilienmakler*innen umsteigen. Ein unmittelbares oder mittelbares Umlegen der Kosten auf den Mieter ist nicht zulässig und kann als Umgehungsgeschäft teuer werden. Alternativ besteht noch die selbstständige Suche nach passenden Mieter*innen, welche jedoch zeit- & kostspielig sein kann:

  • Der Zeit- und Arbeitsaufwand, der für die Suche eines Mieters anfällt, wird oftmals unterschätzt.
  • In Gebieten mit Wohnungsknappheit melden sich auf ein Inserat so viele Interessenten, dass diese Flut an Anfragen kaum zu bewältigen ist. In eher weniger nachgefragten Lagen ist es eine Herausforderung, überhaupt eine/n Interessent*in zu finden.
  • Die Auswahl von solventen Mietern kann schwierig sein (hier hilft unser Tool Fincredible).
  • Die Ausfertigung eines rechtlich korrekten Mietvertrags erfordert einiges an Fachwissen, um rechtlich in keine Falle des Mietrechtsgesetzes zu tappen.
  • Machen Vermieter*innen gegenüber Mietinteressen aus Unkenntnis falsche Angaben (z.B. im Exposé), was zu juristischen Problemen führen kann.

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Kurz zusammengefasst

Das Bestellerprinzip ab 1.7.2023 gilt:

  • für die Vermittlung von Mietwohnungen
  • wenn die Mieter Privatpersonen sind

In diesen Fällen müssen Mieter laut Bestellerprinzip keine Maklerprovision zahlen:

  • Der/die Vermieter*in ist der Erstauftraggeber des Maklers.
  • Der Vermieter nimmt nach der Beauftragung des Maklers Abstand vom Auftrag, damit der Mieter den Makler zuerst beauftragt. Dies stellt einen Umgehungsversuch des Bestellerprinzips dar.
  • Der Mieter findet seine neue Mietimmobilie per Inserat in einer Zeitung oder über ein Onlineportal.
  • Der Vermieter ist unmittelbar oder mittelbar am Unternehmen des Maklers beteiligt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Mietersuche über die Hausverwaltung des Mietobjekts erfolgt und die Hausverwaltung für die Vermittlung mit einer (anteiligen) Provision vergütet wird.

In folgenden Fällen müssen Mieter laut Bestellerprinzip Maklerprovision zahlen:  

  • Wenn Mieter Erstauftraggeber des Maklers sind und keine der oben genannten Merkmale zutreffen. Aber: Es ist davon auszugehen, dass der Makler eine Wohnung, die ein auftraggebender Mieter abgelehnt hat, nicht (provisionspflichtig) einem anderen Miet-Auftraggeber vorschlagen darf. So ist jedenfalls die Regelung in Deutschland.
  • Sucht ein Unternehmen als Arbeitgeber für seine Mitarbeiter eine Mietimmobilie per Makler, greift das Bestellerprinzip nicht. Es handelt sich um eine Vermittlung an einen Gewerbetreibenden.

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