Ansicht in das Tal von Schlegeis

Bauordnung Tirol: Novellen 2020 & 2021

Neben der Raumordnung wurde 2020 & 2021 auch die Bauordnung in Tirol stark novelliert. Die wichtigsten Änderungen in Stichpunkten finden Sie hier.

Bild auf Siedlung in Alpbach

Allgemeines

Erweiterung & Änderung der Ausnahmetatbestände von der Tiroler Bauordnung

  • Zelte und bauliche Anlagen vorübergehenden Bestandes, die im Rahmen öffentlicher anmeldepflichtiger Einzelveranstaltungen aufgestellt/errichtet werden
  • Verringerung der Fläche für Mobilheime samt weiterer Einrichtungen von 60 auf 45 m² in Anpassung an eine entsprechende Änderung des Tiroler Campinggesetzes 2001
  • ausdrückliche Ausnahme für geschlossene Jauche-und Güllegruben im Rahmen landwirtschaftlicher Betriebe im Freiland und auf Sonderflächen nach §§44, 45 oder 47 TROG ab 1.1.2022

Erweiterte & Geänderte Begriffsbestimmungen

Ergänzung der Definition für Folientunnels:

  • keine dauerhafte Fundamentierung und Tragkonstruktion oder Punktfundamente mit darauf aufgesetzter Tragkonstruktion
  • nur für die Dauer des jahreszeitlich notwendigen Schutzes von landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Flächen
  • Verschließbarkeit an den Stirnseiten im erforderlichen Ausmaß, bei technischer Notwendigkeit auch aus anderen Materialien

Neue Definition für Weideunterstände:

  • Höchstens dreiseitig umschlossene bauliche Anlagen in Holzbauweise mit ausschließlich Punktfundamenten
  • Situierung nur auf Weideflächen
  • nur zum Schutz von Weidetieren vor Witterungseinflüssen während der Weidezeit
  • Weidezeit ist die Vegetationszeit, solange Weideaufwuchs vorhanden ist
  • nicht für dauerhafte Unterbringung von Tieren

Bebauungsbestimmungen zu den Abständen

Abstände von Verkehrsflächen

Unterflursysteme zur Abfallsammlung dürfen auch vor Straßen-und Baufluchtlinien ragen oder davor errichtet werden, wenn

  • weder Orts-und Straßenbild noch Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs beeinträchtigt werden
  • vor Straßenflucht muss Straßenverwalter zustimmen
  • Ausnahme gilt nicht für Problemstoffe und gefährliche Abfälle

Es gibt eine Berücksichtigung von Bebauungsregeln in örtlichen Raumordnungskonzepten ab 1.1.2022: Subsidiarität der gesetzlichen Abstandsregeln auch gegenüber Bebauungsregeln. Weiters neu ist die Ermöglichung von Fassadenbegrünungen vor der Baufluchtlinie und der Straßenfluchtlinie:

  • vor Baufluchtlinie ist diese immer zulässig
  • vor Straßenfluchtlinie wenn Orts-und Straßenbild nicht beeinträchtigt wird und die Straßenverwaltung zustimmt
  • für Gebäude, die am 1.3.1998 bestanden haben, ist zudem mit Zustimmung des Straßenverwalters ein Überbauen der Grundgrenze um bis zu 50 cm zulässig (§71 Abs. 8a TBO).
  • Fassadenbegrünungen umfassen Rankhilfen für Kletterpflanzen, bodengebundene und wandgebundene Vertikalbegrünungen

Gesetzlich wurde klargestellt, dass Zufahrten und Stellplätze vor Baufluchtlinien ragen oder davor errichtet werden dürfen, wenn weder Orts-und Straßenbild noch Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs beeinträchtigt werden. Schankgärten und Bühnenaufbauten dürfen vor Straßenfluchtlinien ragen, wenn Orts-und Straßenbild nicht beeinträchtigt wird und die Straßenverwaltung zustimmt.

Abstände von den übrigen Grundgrenzen

Für die Abstände von Bienenständen und Bienenhäusern gelten die Bestimmungen des §3 Tiroler Bienenwirtschaftsgesetz 2019. Es gibt neue Höhenbeschränkung für begehbare Dächer und Terrassenüberdachungen mit 2,80 bzw. 3,50 m mittlerer Wandhöhe. Außerdem die Ausweitung der Regelung für Rankhilfen auf alle Fassadenbegrünungen –ab 1.1.2022:

  • bis 30 cm Parallelabstand vor der Wandhaut
  • für Gebäude, die am 1.3.1998 bestanden haben, ist zudem mit Zustimmung des Grundeigentümers ein Überbauen der Grundgrenze um bis zu 30 cm zulässig

Gestaltung des Baulands

Klarstellungen bei Änderungen von Grundstücksgrenzen ab 1.1.2022:

  • bei Flächen mit Bebauungsplanpflicht ist eine Grundstücksänderung nur zulässig, wenn ein Bebauungsplan besteht
  • Grundstücksänderungen dürfen Bebauungsregeln nicht widersprechen
  • durch die Grundstücksänderung darf kein Bauplatz mit unterschiedlich festgelegten Baudichten entstehen
    -Die Bezugsgröße der Dichtefestlegungen ist immer der jeweilige Bauplatz
    -Der Bebauungsplan muss vorher so geändert werden, dass nach Durchführung der Grundstücksänderung wieder eine einheitliche Dichtefestlegung der gleichen Art für den neuen/geänderten Bauplatz gilt

Bauvorschriften zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden

Zur Umsetzung verschiedener Richtlinien der EU wurden die Regelungen zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden umfassend überarbeitet, wobei folgende wesentliche Änderungen erfolgten:

  • Änderung der Legaldefinition für „Größere Renovierungen“
  • Flexibilisierung durch Ermöglichung des gleichwertigen Abweichens
  • Berücksichtigung des kostenoptimalen Niveaus bei der Berechnung der Gesamtenergieeffizienz
  • Stärkung der Alternativenprüfung
  • Übergangsbestimmung für am 31.5.2020 anhängige Bauverfahren

Einführung einer Energieausweisdatenbank ab 1.1.2022

  • die nähere Regelung erfolgt durch Verordnung
  • eigene Softwarelösung nach dem Vorbild anderer Bundesländer
  • Heizungsanlagendatenbank wird im Laufe des Jahres 2022 ebenfalls eingeführt werden

Neu im Bauverfahren ab 1.1.2022

Anzeigepflichtige Vorhaben (§28 Abs. 2 TBO):

  • Terrassenüberdachungen bis 15 m² Grundfläche

Bauverfahren (§32 Abs. 3 TBO):

  • Übernahme der Land-und Forstwirtschaftsinspektion in die TBO als Beteiligte im Bauverfahren aus der früheren Landarbeitsordnung

Bauverfahren (§33 Abs. 7 TBO):

  • Klarstellung, dass nur Straßenverwalter von Straßen im Sinne des Straßengesetzes Parteistellung im Bauverfahren haben

Vorübergehende Benützung von Nachbargrundstücken (§43 Abs. 3 TBO):

  • Klarstellung der gesetzlichen Duldungspflicht beim Hineinragen von Kränen in den Luftraum des Nachbargrundstücks

Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes (§46 Abs. 9 TBO):

  • baupolizeilicher Auftrag bei Nichterfüllung der Verpflichtung zur Errichtung von Ladepunkten für Elektrofahrzeuge an den Eigentümer der baulichen Anlage –ab 1.1.2025

Sonstige Vorhaben

Abbruch von Gebäuden:

  • Anpassung an das Stadt-und Ortsbildschutzgesetz 2021:
    -Abbruch in geschützten Zonen ist bewilligungspflichtig nach SOG 2021
    -generelles Abbruchverbot für charakteristische Gebäude

COVID-19 Sonderregelungen:

  • vereinfachtes Verfahren für Ausweichräumlichkeiten für Schulen und medizinische Versorgungseinrichtungen
  • befristet bis 30.6.2022

Übergangsbestimmungen:

  • Klarstellung, dass die nachträgliche Anbringung von Vollwärmeschutz bis 20 cm bei der Berechnung der Baumasse nicht zu berücksichtigen ist

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