Ansicht in das Tal von Schlegeis

Neue Kreditvergaberichtlinien für Immobilienkredite ab August 2022

Mit 1.8.2022 verschärft sich die Kreditvergabe für Immobilien. Welche neuen Regeln es durch die KIM-Verordnung zu beachten gilt, erklären wir hier. Auch neu mit eingearbeitet: Die Erleichterungen seit 1.4.2023.

Person erhält Kredit für Wohnung

Die neue Verordnung zur Kreditvergabe

Mit August 2022 tritt die neue Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung in Kraft. Damit wird es künftig deutlich schwieriger einen Immobilienkredit zu erhalten. Das wichtigste: Banken fordern damit ausreichend Eigenkapital, um einen Immobilienkredit zu erhalten. Zudem muss die monatliche Kreditrate im Vergleich zum Einkommen realistisch hoch sein. Die Kriterien sind im Einzelnen:

  • min. 20 % Eigenkapitalquote: Kreditnehmer*innen müssen 1/5 des Kaufpreises inkl. Nebenkosten einer Immobilie als Eigenkapital einbringen
    Genau genommen regelt die Verordnung eigentlich die Beleihnungsquote. Das ist der Kreditbetrag dividiert durch den Immobilienwert. Diese darf max. 90 % betragen, das wiederum entspricht in etwa einem Eigenmittelanteil von 20 % in Abhängigkeit von der im Grundbuch eingetragenen Hypothek
  • Maximale Laufzeit: Immobilienkredite dürfen nur über max. 35 Jahre bestehen
  • Höhe der laufenden Kosten: Die Kreditrate darf max. 40 % des monatlichen Nettoeinkommens betragen
    Diese maximale Schuldendienstquote soll vor Zahlungsausfall-Risiken wie Arbeitslosigkeit schützen. Es zählt hierbei das Haushaltseinkommen.

Ziel der Richtlinie ist es, die starken Preissteigerungen von Wohnimmobilien einzudämmen und den Immobilienmarkt zu stabilisieren. Bisher waren diese Vorschriften lediglich eine Empfehlung der Finanzmarktaufsicht (FMA), nun treten sie verpflichtend in Kraft.

Ausnahmen

Ausgenommen hiervon ist lediglich die Finanzierung von Renovierungen oder Sanierungen bis zu einem Wert von 50.000 € (Geringfügigkeitsgrenze). Durch diese Ausnahmeregelung soll z.B. auch der Umstieg auf erneuerbare Energieträger unterstützt werden. Seit 1.4.2023 wurde für mehrere Kreditnehmer (z.B. Ehegatten, eingetragene Partner oder Lebensgemeinschaften) die Geringfügigkeitsgrenze pro Kreditnehmer*in definiert, das heißt die Höhe wurde effektiv auf 100.000 € verdoppelt.

Darüber hinaus können Banken nach eigenem Ermessen Ausnahmen gewähren, jedoch nur für max. 20 % aller neu vergebenen Wohnkredite: in mx. 20 % der Fälle dürfen Kredite mit geringerem Eigenkapital-Anteil vergeben werden, in max. 10 % der Fälle darf die Schuldendienstquote von 40 % überschritten werden und in max. 5 % der Fälle die maximale Kreditlaufzeit höher sein.

Beispiel Eigenkapital

Eine Eigentumswohnung kostet 300.000 €, dazu kommen 30.000 € an Nebenkosten. Für die entstehenden Kosten von 330.000 Euro müssen Sie als neuer Kreditkunde mindestens 66.000 € selbst aufbringen. Die restlichen 264.000 € können Sie durch eine Finanzierung abdecken.

Nachhaltigkeit im Bau

Wird ein leeres Grundstück nachhaltig bebaut, etwa durch ressourcenschonende Bauweise, kleinere Wohnflächen oder längere Nutzungsdauer, wird dies bei Banken mit Vorteilen wie etwa niedrigeren Zinsen oder Förderungen belohnt.

Was bedeutet das für Kreditnehmer*innen?

Die Änderungen werden es künftig stark erschweren, einen Wohnkredit zu erhalten. Dies trifft vor allem Normalverdiener*innen, die über keine größeren Ersparnisse oder eine Erbschaft verfügen. Nach Angaben der Nationalbank wäre dies jede/r zweite Kreditnehmer*in. Die Finanzierung von Immobilien ist ab 2022 also nicht mehr so einfach umsetzbar wie sie es noch in den Jahren zuvor war. Wer die Voraussetzungen zur Kreditvergabe nicht erfüllt, kann zwar weiterhin einen Kredit mittels Vollfinanzierung bekommen. Dabei ist jedoch mit weitaus höheren Zinsen, einem Mehr an Nebenkosten und einem erhöhten Risiko zu rechnen.

Erleichterungen seit 1.4.2023

Zwischenfinanzierungen

Zwischenfinanzierungen, die im Zusammenhang mit einem Wohnsitzwechsel von Kreditnehmer*innen und deren Angehörigen stehen, werden nun ab 1.4.2023 erleichtert. Die Zwischenfinanzierung darf dabei max. 80 % des geschätzten Marktwerts der zu veräußernden Immobilie betragen, sowie eine max. Laufzeit von 2 Jahren haben. Zwischenfinanzierungen werden häufig benötigt, wenn jemand zur Überbrückung des Verkaufs der alten Immobilie und gleichzeitig Kauf der neuen Immobilie Geld benötigt. Denn es braucht Zeit, bis das Geld aus dem Verkauf der alten Immobilie auf das Konto geflossen ist. Die 2 Jahre werden dabei als ausreichend langer Zeitraum angesehen, um es einer Familie mit bestehender Immobilie zu ermöglichen, ein neues Eigenheim zu errichten, zu renovieren oder zu beziehen.

Ausweitung der Geringfügigkeitsgrenze bei gemeinsamen Kreditnehmern

Wie schon angesprochen wurde die Geringfügigkeitsgrenze ab 1.4.2023 statt auf bisher insgesamt 50.000 € bei gemeinsamen Krediten auf 50.000 € pro Person also insgesamt 100.000 € für Paare verdoppelt.

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Kurz zusammengefasst

Mit den neuen Kreditvergaberichtlinien wird es immer schwieriger, einen Immobilienkredit zu erhalten. Bisher konnte auch durch diese Maßnahme, sowie durch steigende Zinsen und Inflation ein deutlicher Rückgang beim Kreditgeschäft verzeichnet werden. Auch das Volumen der Immobilientransaktionen ist gesunken. Die letztjährigen Preisanstiege der Immobilien wurden ebenso deutlich eingebremst. Die Frage nach der Leistbarkeit von Immobilien bleibt jedoch weiterhin unbeantwortet.

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