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Der nachträgliche Lifteinbau im Mehrparteienhaus

Ist in der mehrgeschossigen Wohnhausanlage kein Aufzug oder Treppenlift vorhanden, stellt sich üblicherweise irgendwann mal die Frage nach dem nachträglichen Einbau. Wie das gelingt und was es zu beachten gilt erklären wir in diesem Beitrag.

Hand drückt auf Aufzugknopf

Aufzug oder Treppenlift?

Früher oder später kommt in jedem mehrgeschossigen Wohnhaus die Frage nach einem Lift auf. Egal ob das barrierefreie Wohnen im Alter ermöglicht werden soll oder Barrierefreiheit aus sonstigen Gründen für eine/n oder mehrere Bewohner*innen wichtig wird. Nur was ist nun besser? Der Aufzug oder der Treppenlift?

Ein Treppenlift ist ein motorisierter Stuhl, der sich entlang einer Schiene bewegt, die fest mit Ihrer Treppe verschraubt ist. Er befördert entlang der Treppe nach oben, während der Aufzug mittels Kabine horizontal nach oben befördert, soweit ist alles klar. Was im jeweiligen Mehrparteienhaus die bessere Lösung ist, kommt grundsätzlich auf verschiedene Fragestellungen an:

  • Wie viele Stockwerke sollen überwunden werden?
    Je mehr Stockwerke überwunden werden sollen, umso eher kommt ein normaler Aufzug in Frage. Schließlich kann die Reise über das Treppengeländer ansonsten ziemlich lange werden.
  • Sollen Rollstuhlfahrer befördert werden?
    Während normale Treppenlifte für Rollstuhlfahrer ungeeignet sind, gibt es als Alternative Plattformlifte, die statt der Sitzfläche eine Plattform für den Rollstuhl bieten. Normale Aufzüge können grundsätzlich jeden transportieren, sofern in der Kabine ein Rollstuhl Platz findet
  • Transport schwerer Gegenstände
    Während Treppenlifte ausschließlich zur Beförderung von Personen dienen, kann ein Aufzug grundsätzlich für alles verwendet werden, egal ob schwere Gegenstände beim Umzug oder Einkäufe. Somit haben vom Aufzug grundsätzlich mehr Personen unterschiedlichen Alters etwas davon.
  • Hat ein Liftschacht im Stiegenhaus Platz?
  • Hat ein Treppenlift anhand der Stiegenbreite Platz?
  • Wie sieht es mit Brandschutzauflagen aus?

Der meist wichtigste Faktor sind jedoch die Kosten. Hier ist auch der Treppenlift (wenn auch günstiger) nicht zu unterschätzen, schließlich müssen die Schienen für das Geländer extra auf die Kurve maßgeschneidert angepasst werden. Was in den meisten Fällen auch gerne mal vergessen wird sind bauliche Auflagen für den Einbau, welche schnell kostspielig werden können. Gedacht werden muss hier insbesondere an den Brandschutz, auch in Verbindung mit der ÖNORM B1300. Auch mitzudenken sind Kosten für laufende Wartung & Instandhaltung.

Der Aufzugseinbau im Wohnungseigentum

Lifteinbau als Gemeinschaftsanlage

Der nachträgliche Einbau eines Aufzugs (oder Treppenlifts) ist grundsätzlich eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung (zu sehen als nützliche Verbesserung), das heißt es braucht in jedem Fall einen Beschluss darüber, welcher zustande kommt wenn:

  • über 50% der Miteigentumsanteile für den Einbau stimmen oder
  • 2/3 der abgegebenen Stimmen dafür stimmen, sofern diese min. 1/3 der gesamten Miteigentumsanteile ausmachen

Hierbei gibt es im Nachhinein noch folgende Anfechtungsgründe & -fristen:

  • 1 Monat wegen formeller Mängel, Gesetzeswidrigkeit oder Fehlen der erforderlichen Mehrheit

Und weiters durch Antrag bei Gericht:

  • 3 Monate wegen übermäßiger Beeinträchtigung des Antragsstellers oder wenn die Kosten der Veränderung – unter Berücksichtigung der in absehbarer Zeit anfallenden Erhaltungsarbeiten – nicht aus der Rücklage gedeckt werden können. Ausgenommen ist das Argument der Rücklagendeckung, wenn der nicht gedeckte Kostenanteil von der beschließenden Mehrheit getragen wird oder aber die Verbesserung allen Wohnungseigentümern eindeutig einen Vorteil bringt.
  • Diese Frist verlängert sich auf 6 Monate bei unterbliebener Verständigung des Wohnungseigentümers von der beabsichtigten Beschlussfassung und ihrem Gegenstand. Ausschlaggebend für den Beginn der Frist ist der Anschlag des Beschlusses im Haus.

Wenn die Veränderung nur zu einer Beeinträchtigung des/der Antragstellers/in führt, die finanziell ausgeglichen werden kann, so kann das Gericht auch eine angemessene Entschädigung veranschlagen, anstatt den Beschluss aufzuheben. Weiters gibt es die sogenannten Minderheitsrechte, welche allgemein gültig sind. Die laufenden Kosten wie Wartung & Instandhaltung sind jedenfalls ohne abweichende Kostenverteilung nach Anteilen in die Betriebskosten aufzunehmen.

Sollten mehrere Wohnungseigentümer*innen (jedoch nicht die beschließende Mehrheit) einen Lift befürworten, wäre es theoretisch auch möglich, eine abweichende Abrechnungseinheit für sämtliche Liftkosten zusammen mit einer Benützungsregelung zu beschließen, um zu garantieren dass:

  • Nur die Wohnungseigentümer*innen an den Kosten beteiligt werden, welche sie auch tragen möchten
    dabei gemeint sind sowohl Errichtungskosten, als auch laufende Kosten wie Wartung, Instandhaltung & Reparatur
  • Nur diese Wohnungseigentümer*innen auch den Aufzug benützen dürfen
  • Sich andere Wohnungseigentümer*innen im Nachhinein in die Benützung des Aufzugs einkaufen können

Beides braucht jedoch jeweils Einstimmigkeit im Rahmen einer Verfügungshandlung der einzelnen Wohnungseigentümer*innen, sowie eine eigene Gesellschaft nach bürgerlichem Recht, die es für die Liftbenützung zu gründen gilt.

Lifteinbau durch einzelne Wohnungseigentümer*innen

Eine deutlich komplexere Variante des Lifteinbaus ist über das sogenannte Änderungsrecht im Wohnungseigentum (§ 16 WEG). Hierbei geht es darum, dass ein einzelner Wohnungseigentümer auf eigene Kosten den Aufzug (oder Treppenlift) einbaut. Möglich ist dies auf 2 Arten:

  • Durch einstimmigen Beschluss im Rahmen einer Verfügungshandlung d.h. alle Wohnungseigentümer*innen müssen gefragt werden und schriftlich ihre Zustimmung erteilen oder
  • neu seit WEG 2022: Die behindertengerechte Ausstattung von allgemeinen Teilen der Liegenschaft gehört nun zu den privilegierten Maßnahmen baulicher Änderungen. Das heißt:

Für privilegierte Änderungen sieht der Gesetzesgeber nun ein vereinfachtes Beschlussverfahren vor (vereinfachte Zustimmungsfiktion). Ein/e Eigentümer*in kann solche Veränderungen nun vornehmen, wenn die übrigen Eigentümer innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntmachung des Vorhabens keinen Widerspruch eingelegen. Die Bekanntmachung bzw. Verständigung muss in Textform erfolgen, die Änderungen müssen klar beschrieben sein und auf die Zustimmungsfiktion hingewiesen werden. Jedoch können Eigentümer auch bei unterlassenem Widerspruch gegen eine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung ihres Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekts vorgehen. Die Kosten für Änderungen, haben die Eigentümer zu tragen, die eine Änderungen vorgenommen haben.

Wird jedoch ein Widerspruch vorgebracht, können diese Stimmen im außerstreitigen Verfahren vor Gericht ersetzt werden. Das Gericht muss, um die Zustimmung ersetzen zu können, unter anderem prüfen, ob das geplante Vorhaben üblich ist oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers, der die Änderung vornehmen will, dient. Bei privilegierten Änderungen ist eine solche Prüfung jedoch nicht notwendig.

Benützungsregelung

Da für den Einbau des Aufzugs jedoch der Liftschacht in die Allgemeinfläche (das Stiegenhaus) der Liegenschaft eingebaut wird, sollte gleichzeitig eine entsprechende Benützungsregelung zur Benützung des Aufzugs aufgesetzt werden. Hierfür wiederum braucht es 100%ige Zustimmung. Mit einer eigenen Liftgemeinschaft (als Gesellschaft bürgerlichen Rechts) wird es möglich, dass sich nach der Errichtung auf eigene Kosten auch andere Wohnungseigentümer*innen nachträglich in die Benützung des Aufzugs einkaufen können. Ansonsten kann es gerade beim Ersatz der Stimmen im Außerstreitverfahren vorkommen, dass die schutzwürdigen Interessen der anderen Wohnungseigentümer*innen im Wege stehen: Schließlich können diese dann, wenn sie es brauchen, nicht noch einen Aufzug errichten, da der Platz schon für den Schacht des eigenen Aufzugs bzw. das Treppengeländer schon für den eigenen Treppenlift dient.

Der Aufzugeinbau im Mietshaus

Verbesserungsarbeiten & Einbau auf eigene Kosten

Der nachträgliche Einbau eines Aufzugs im Mietshaus gehört in der Vollanwendung des Mietrechtsgesetzes zu den Verbesserungsarbeiten. Der Einbau eines Behindertenaufzugs ist hier nur möglich, wenn dies dem/der Vermieter*in nach Interessensabwägung zumutbar ist und die Kosten für Einbau und Erhaltung vom/von der Mieter*in getragen werden.

Nachträglicher Einbau als Gemeinschaftsanlage

Baut der/die Vermieter*in freiwillig auf eigene Kosten einen Aufzug in das Mietshaus stellt sich jedoch auch die Frage, wer nun die Betriebskosten hierfür zu bezahlen hat. Wichtig bezüglich der Umwälzung von Betriebskosten auf alle Mieter*innen ist hier der Begriff Gemeinschaftsanlage. Eine Gemeinschaftsanlage kann nachträglich nur dann entstehen kann, wenn

  • eine Vereinbarung mit sämtlichen Mietern, die den Personenaufzug sinnvoll nutzen können zustande kommt,
  • von den Mietern für die Benützung nur die anteiligen Kosten des Betriebes zu tragen sind.

In bestehenden Altmietverträgen ist oft, sofern bisher kein Personenaufzug vorhanden war, im Mietvertrag keine Regelung hinsichtlich Benützung und Kostentragung allfälliger künftiger Personenaufzüge enthalten. Gelegentlich sind derartige Vereinbarungen in Formularmietverträgen enthalten, wurden aber von den Vertragsparteien zum Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung gar nicht berücksichtigt, weil eben kein Personenauszug vorhanden war.

Im Falle eines nachträglichen Lifteinbaus sind daher sämtliche Mietverträge auf allfällige getroffene Vereinbarungen zur Liftbenützung zu überprüfen. In den meisten Fällen wird allerdings die für eine Gemeinschaftsanlage geforderte Vereinbarung nicht, bzw. nicht wirksam, vorliegen.

In konsequenter Weiterführung der bestehenden Judikatur müsste man dann zu dem Ergebnis gelangen, dass, selbst wenn der Personenaufzug auf Kosten des Hauseigentümers/Vermieters errichtet wurde und sämtliche Mieter eine Nutzungsmöglichkeit erhalten, aufgrund des Fehlens einer Vereinbarung keine Gemeinschaftsanlage vorliegt. Daher könnten die Betriebskosten dann auch nicht auf die Mieter*innen überwälzt werden.

Oft gestellte Fragen

Welche Möglichkeiten gibt es zum nachträglichen Lifteinbau im Wohnungseigentum?

Grundsätzlich kann ein Lift oder Treppenlift (auf Allgemeinfläche) durch eine Gemeinschaftsanlage (Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung) oder als Einzelmaßnahme über das Änderungsrecht im Wohnungseigentum umzusetzen.

Welche Möglichkeiten gibt es zum nachträglichen Lifteinbau im Mietshaus?

Der nachträgliche Lifteinbau gehört hier im Vollanwendungsbereich MRG zu den Verbesserungsarbeiten. Der Einbau eines Behindertenaufzugs ist hier nur möglich, wenn dies dem/der Vermieter*in nach Interessensabwägung zumutbar ist und die Kosten für Einbau und Erhaltung vom/von der Mieter*in getragen werden.

Müssen Mieter Betriebskosten des nachträglichen Lifteinbaus tragen?

Eine Gemeinschaftsanlage kann nachträglich nur dann entstehen kann, wenn eine Vereinbarung mit sämtlichen Mietern, die den Personenaufzug sinnvoll nutzen können zustande kommt und von den Mietern für die Benützung nur die anteiligen Kosten des Betriebes zu tragen sind. Sind in den Mietverträgen keine Regelungen dazu getroffen, ist die Überwälzung der Betriebskosten nur mit schriftlicher Zustimmung der Mieter*innen möglich.

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Kurz zusammengefasst

Egal ob im Wohnungseigentum oder im Mietshaus, der nachträgliche Lifteinbau ist oft kein einfaches rechtliches Unterfangen. Es gibt jedoch mehrere Möglichkeiten, Treppenlift oder Lift nachträglich als Gemeinschaftsanlage oder auch als Einzelanlage einzubauen. Neben den wohnrechtlichen Möglichkeiten braucht es für den Umbau auch eine Anzeige bei der Baubehörde, sowie die Prüfung des Brandschutzes.

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