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Beschlussfassung im Wohnungseigentum

In einem separaten Artikel wurde bereits der Unterschied von ordentlicher & außerordentlicher Verwaltung erklärt, sowie Verfügungshandlungen. In diesem Artikel widmen wir uns der Beschlussfassung im Wohnungseigentum, wie also Beschlüsse zustande kommen, auf welche Fristen zu achten ist und welche Arten von Beschlüssen es gibt.

Richterhammer mit Büchern im Hintergrund

Beschlüsse als Verwaltungshandlung

Generell gilt, wird von Beschlüssen gesprochen, handelt es sich immer um Verwaltungshandlungen, egal ob ordentliche oder außerordentliche Verwaltung. In weiterer Folge des Artikels werden wir allerdings auch noch kurz auf Verfügungshandlungen zu sprechen kommen, welche nicht Teil der Verwaltung sind.

Wie kommt ein Beschluss zustande?

Grundsätzlich durch die Mehrheit der Anteile innerhalb einer Wohnungseigentumsgemeinschaft. Jede/r Wohnungseigentümer*in hat gewisse Anteile (lt. Nutzwertgutachten/Parifizierung) mit denen er/sie abstimmen kann. Abgestimmt wird dabei für alle Wohnungseigentumsobjekte, welche ein/e Wohnungseigentümer*in besitzt. Sind das mehrere (z.B. eine Wohnung und ein Kfz-Abstellplatz) ist es nicht möglich, für beide Objekte unterschiedliche Stimmen abzugeben (1x dafür, 1x dagegen).

Ein Beschluss dient dazu, einem Hausverwalter eine Weisung zu erteilen, etwa zur Durchführung einer Sanierung. Diese Weisungen unterliegen aber trotzdem dem WEG (Wohnungseigentümergesetz). Das heißt konkret, dass sich ein Verwalter nur an eine Weisung halten muss, wenn diese auch gesetzeskonform ist.

Klassische Weisungen, die nicht gesetzeskonform sind, sind z.B.

  • Die Weisung, sich nicht um die Instandhaltung des Gebäudes zu kümmern
  • Die Weisung, keine Rücklage zu bilden
  • Die Weisung, sich nicht um die Objektsicherheit zu kümmern

Wer darf abstimmen und wie?

Grundsätzlich können Wohnungseigentümer*innen Ihr Äußerungs- & Stimmrecht entweder persönlich oder durch eine Vertretungsvollmacht ausüben. Diese Vollmacht muss schriftlich sein und entweder:

  • Nicht älter als 3 Jahre oder
  • Eine umfassende Vorsorgevollmacht oder
  • Eine gewählte Erwachsenenvertretung sein

Ist sie das nicht, ist das Handeln bei Beschlüssen nur wirksam, wenn es vom/von der Wohnungseigentümer*in nachträglich schriftlich binnen 14 Tagen genemigt wird.

Wenn der Gegenstand der Beschlussfassung ein Rechtsgeschäft, Rechtsverhältnis oder Rechtsstreit mit einem/r Wohnungseigentümer*in ist oder mit einer Person mit dem diese/r in wirtschaftlichem oder familiären Naheverhältnis steht, so hat der/die Wohnungseigentümer*in kein Stimmrecht.

Bei Partnereigentum besteht nur ein Stimmrecht, wenn entweder:

  • Beide bei der Versammlung anwesend sind oder
  • Ein Eigentümerpartner die Vollmacht des anderen hat

Es besteht auch kein geteiltes Stimmrecht, das heißt die Stimme ist in erstem Fall und bei Umlaufbeschlüssen nur gültig, wenn beide Eigentümerpartner für dasselbe stimmen. Der Fall „eine Partner ist dafür der andere dagegen“ wird als ungültige Stimme gewertet.

Welche Arten von Beschlüssen gibt es?

Beschlussfassungen werden meist bei Hausversammlungen durchgeführt. Sind nicht genug Anteile für einen mehrstimmigen Beschluss anwesend, wird danach meistens noch ein Umlaufbeschluss gestartet (additives Verfahren). Es ist aber auch möglich, ohne Hausversammlung einen reinen Umlaufbeschluss durchzuführen. Zusammenfassend gibt es also 3 Arten der Beschlussfassung:

  • Bei Hausversammlungen
  • Reiner Umlaufbeschluss
  • Additives Verfahren bei Hausversammlungen, die nicht mehrstimmig beschlussfähig sind

Kommt ein mehrstimmiger Beschluss zustande, hat jeder Wohnungseigentümer noch eine Einspruchsfrist, welche sich danach richtet, ob es sich um eine Maßnahme der ordentlichen oder außerordentlichen Verwaltung handelt. Kommt der Beschluss bei der Versammlung zustande, ist er erst wirksam, wenn alle Wohnungseigentümer*innen eine Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde, bis dahin ist der/die einzelne Wohnungseigentümer*in nicht an die bereits abgegebene Erklärung gebunden.

Wie müssen Beschlüsse verkündet werden?

Die Beschlussverkündigung ist für das Wirksamwerden eines Beschlusses essentiell. Folgendes muss hier passieren:

  1. Der Beschluss muss an einer deutlich sichtbaren Stelle des Hauses angeschlagen werden.- gibt es mehrere Häuser oder Stiegenhäuser an mehreren Stellen und
  2. Schriftlich mitgeteilt werden:
  • Entweder an die Anschrift des Wohnungseigentumsobjekts oder an eine andere der Verwaltung bekannte inländische (d.h. österreichische) Adresse oder
  • Auf Wunsch des/der Wohnungseigentümer*in elektronisch

Im übersendeten Beschluss muss zudem der Hinweis stehen, welche Anfechtungsfristen es gibt, dass der Beginn der Frist der Anschlag am Haus ist, wann der Beschluss am Haus angeschlagen wurde, sowie das sich daraus ergebene Ende der Frist.

Beschlüsse über Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung

Wichtig ist hier, dass der Verwalter Maßnahmen auch ohne Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft setzen kann, sofern sie nach pflichtgemäßem Ermessen des Verwalters gesetzt werden. Das hat damit zu tun, dass der Verwalter für bestimmte Punkte z.B. wenn es um die Behebung ernster Schäden geht. Eine Ausnahme der Haftung des Verwalters, wenn kein Beschluss zustande kommt, gibt es nicht. Ebenfalls gibt es auch Weisungen (das betrifft z.B. alle Maßnahmen, die im § 28 aufgezählt sind), die schlichtweg nicht gesetzeskonform sind. Wird hierüber ein negativer Beschluss gefasst, heißt das die Weisung etwas Verbotenes zu tun ergeht an die Verwaltung, welche gleichzeitig in der Haftung ist. Kurzum, diese Gründe sind wichtig dafür, warum nicht über alle Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung eine Beschlussfassung durchgeführt wird.

Wird eine Beschlussfassung zu Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung durchgeführt, gilt der Beschluss als angenommen, wenn:

  • Die einfache Mehrheit der Miteigentumsanteile dafür ist (d.h. über 50%)
  • Oder seit 2022: 2/3 der abgegebenen Stimmen dafür ist, sofern diese 2/3 zumindest 1/3 aller Miteigentumsanteile ausmachen.

Beschlüsse über Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung

Für Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung muss in jedem Fall eine Beschlussfassung erfolgen. Der Beschluss gilt ebenfalls als angenommen, wenn:

  • Die einfache Mehrheit der Miteigentumsanteile dafür ist (d.h. über 50%)
  • Oder seit 2022: 2/3 der abgegebenen Stimmen dafür ist, sofern diese 2/3 zumindest 1/3 aller Miteigentumsanteile ausmachen.

Anfechtungsgründe & -fristen

Jeder Beschluss, egal ob über Maßnahmen der ordentlichen oder außerordentlichen Verwaltung kann angefechtet werden. Folgende Anfechtungsfristen gelten:

Gegen Beschlüsse der ordentlichen wie außerordentlichen Verwaltung

  • 1 Monat wegen formeller Mängel, Gesetzeswidrigkeit oder Fehlen der erforderlichen Mehrheit

Gegen Beschlüsse der außerordentlichen Verwaltung (durch das Gericht durch Antrag)

  • 3 Monate wegen übermäßiger Beeinträchtigung des Antragsstellers oder die Kosten der Veränderung – unter Berücksichtigung der in absehbarer Zeit anfallenden Erhaltungsarbeiten – nicht aus der Rücklage gedeckt werden können. Ausgenommen ist das Argument der Rücklagendeckung, wenn der nicht gedeckte Kostenanteil von der beschließenden Mehrheit getragen wird oder aber die Verbesserung allen Wohnungseigentümern eindeutig einen Vorteil bringt.
  • Diese Frist verlängert sich auf 6 Monate bei unterbliebener Verständigung des Wohnungseigentümers von der beabsichtigten Beschlussfassung und ihrem Gegenstand. Ausschlaggebend für den Beginn der Frist ist der Anschlag des Beschlusses im Haus.

Wenn die Veränderung nur zu einer Beeinträchtigung des/der Antragstellers/in führt, die finanziell ausgeglichen werden kann, so kann das Gericht auch eine angemessene Entschädigung veranschlagen, anstatt den Beschluss aufzuheben. Weiters gibt es die sogenannten Minderheitsrechte, welche allgemein gültig sind.

Einstimmige "Beschlüsse"

Weitere wichtige Punkte, bei denen Wohnungseigentümer*innen befragt werden müssen, finden sich bei den sogenannten Sachverfügungen. Diese Verfügungshandlungen gehören nicht zur Aufgabe der Verwaltung, sind aber dennoch wichtig im Wohnungseigentum und zeichnen sich meist durch eine notwendige Einstimmigkeit unter den Wohnungseigentümern aus. Hierzu gehören:

  • Das Änderungsrecht nach § 16 WEG für die Änderung an Wohnungseigentumsobjekten
    benötigt grundsätzlich eine 100%ige schriftliche Zustimmung, es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen eine Information am Hausanschlag genügt
  • Benützungsregelungen für allgemeine Teile der Liegenschaft nach § 17 WEG
    z.B. für die alleinige Nutzung von nicht parifizierten Kellerräumen
    benötigen eine 100%ige schriftliche Zustimmung, vorläufige Benützungsregelungen jedoch nur eine 2/3 Mehrheit
  • Ein abweichender Aufteilungsschlüssel für Kostenkomponenten der Abrechnung
    benötigt eine 100%ige Zustimmung, für eine verbrauchsabhängige Kostenaufteilung wird jedoch nur eine 2/3 Mehrheit benötigt

Abstimmungsquoten & Anfechtungsfristen als Infografik

Infografik Beschlussfassungsquoten

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Kurz zusammengefasst

Beschlüsse sind das Herzstück im Wohnungseigentum. Ebenso komplex ist daher die korrekte Durchführung. Egal ob in der ordentlichen oder außerordentlichen Verwaltung, Beschlüsse kommen mehrstimmig oder bei Versammlungen mit 2/3 Mehrheit (wenn dies gleichzeitig 1/3 der Gesamtanteile ist) zustande. In der ordentlichen Verwaltung kann der Verwalter aber auch ohne Beschlussfassung handeln, um z.B. gesetzeswidrige Beschlüsse zu vermeiden.

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