Luftansicht auf Wiesing

Das Fruchtgenussrecht

Mit dem Fruchtgenussrecht erlaubt der/die Eigentümer*in einer anderen Person, eine Liegenschaft uneingeschränkt (unter Schonung der Substanz) zu nutzen. Das heißt, dass sie persönlich gebraucht, aber auch dass sie vermietet werden kann.

Korb voller Früchte auf Wiese

Was ist das Fruchtgenussrecht?

Der Fruchtgenuss ist das Recht, einen Gegenstand, der jemand anderem gehört, selbst ohne Einschränkung zu benützen. Der/die Fruchtnießer*in hat das dingliche Recht, eine fremde Sache ohne jede Einschränkung aber unter Schonung der Substanz zu gebrauchen. Fruchtgenussrechte sind nicht auf Liegenschaften/Immobilien beschränkt (z.B. das Fällen von Bäumen für einen Holzbezug, die Vermietung von Wohn- oder Geschäftsgebäude), sondern können auch an beweglichen Sachen begründet werden (z.B. das Milchbezugsrecht an einer Kuh). Als Fruchtnießer*in ist man verpflichtet, das Fruchtgenussobjekt auf eigene Kosten instand zu halten. Dafür erhält man alle Erträgnisse bzw. den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Fruchtgenussobjekt. Dies ist z.B. bei der Wohnung die Möglichkeit zur Vermietung durch den/die Fruchtnießer*in und Einnahme der Miete. Man kann also die Wohnung entweder selbst nutzen (wie beim Wohnrecht) oder sie vermieten.

Arten des Fruchtgenussrechts

Zuwendungsfruchtgenuss

Bei diesem Fruchtgenuss bleibt eine Immobilie im Besitz des/der Eigentümer*in. Diese*r räumt jedoch einer anderen Person ein Fruchtgenussrecht für die Immobilie ein.
Beispiel: Ein Mann besitzt eine vermietete Eigentumswohnung, für die er seiner Tochter ein Fruchtgenussrecht einräumt. Diese könnte dann entweder selbst in der Immobilie wohnen oder sie vermieten und die Einnahmen generieren.

Vorbehaltsfruchtgenuss

Hierbei verändert sich das Eigentumsverhältnis der Immobilie zwar, der/die Vorbesitzer*in erhält aber ein Fruchtgenussrecht.
Beispiel: Ein Mann besitzt eine vermietete Eigentumswohnung, die er aus steuerlichen Gründen an die Tochter weitergeben möchte – sie wird dann als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Dank Fruchtgenuss kann der Vater die Mieteinnahmen aber weiterhin selbst nutzen. Bei ­einer nicht vermieteten Immobilie hätte der Vater ein lebenslanges Wohnrecht.

Nachrangiger Fruchtgenuss

Diese Variante ähnelt dem Vorbehaltsfruchtgenuss – es wird aber zusätzlich festgelegt, auf wen das Fruchtgenussrecht nach dem Ableben des Vorbesitzers/der Vorbesitzerin übergeht.

Rechte & Pflichten im Fruchtgenuss

Grundsätzlich besteht bei der Gestaltung des Fruchtgenusses egal welcher Art Vertragsfreiheit bezüglich der Vereinbarung. Folgende Rechte & Pflichten gelten daher nur in der Regel:

Einkünfte aus der Immobilie

Die fruchtgenießende Person kann Einkünfte aus der Immobilie erzielen, indem er sie vermietet oder anderweitig nutzt, kann aber nicht über die Immobilie verfügen oder sie verkaufen, solange sie unter einem Fruchtgenuss steht. Dieses Recht obliegt allein dem/der Eigentümer*in.

Vorsicht bei Mietverträgen

Zu beachten ist, dass die vom/von der Fruchtnießer*in abgeschlossenen Mietverträge mit seinem/ihrem Ableben nicht erlöschen und den/die Eigentümer*in (Übernehmer*in) somit weiter daran binden. Es wird daher empfohlen, hierfür einschränkende Vereinbarungen zwischen dem Übergeber und dem Übernehmer zu treffen, wie zum Beispiel, dass der/die Fruchtnießer*in keine Mietverträge auf unbestimmte Zeit, sondern nur mit begrenzter Dauer abschließen darf, um die Beendigung einfacher zu machen. Bei Übergabe eines bereits vermieteten Objektes (Verkauf oder Schenkung) wird sich der/die Übergeber*in das Fruchtgenussrecht vorbehalten, wenn ihm/ihr die Mieteinnahmen weiter zustehen sollen (Vorbehaltsfruchtgenussrecht).

laufende Kosten

Der/die Fruchtnießer*in ist grundsätzlich für die Instandhaltung und Versicherung der Immobilie verantwortlich. Auch die laufenden Unterhaltskosten sowie kleine Reparaturen sind von ihm/ihr zu tragen. Für größere Umbauarbeiten und Modernisierungen, wie die Erneuerung des Daches oder den Austausch von Heizungsanlagen, ist der/die Eigentümer*in zuständig.

Diese gesetzlich vorgegebene Verteilung kann jedoch anderweitig und individuell geregelt werden. Auch hier gibt es zwei Sonderfälle:

  • Brutto-Fruchtgenuss: Es wird vorab geregelt, dass der/die Fruchtnießer*in nicht für die Kosten und Lasten sowie für die Erhaltung der Immobilie aufkommen muss.
  • Netto-Fruchtgenuss: Es wird vorab vereinbart, dass der/die bisherige Eigentümer*n die Immobilie an eine andere Person zwar überträgt, aber weiterhin die Kosten für Renovierungsarbeiten oder andere außerordentliche Lasten übernimmt. Der/die neue Eigentümer*in hat somit eine niedrigere Belastung.

 

Das Fruchtgenussrecht im Grundbuch

Dieses verhält sich im Grunde gleich wie das Wohnrecht: Ein Fruchtgenussrecht muss nicht in das Grundbuch eingetragen werden, doch erlangt es dadurch dingliche Wirkung, das heißt es ist gegen jeden (künftigen) Eigentümer durchsetzbar. Will man also sicher gehen, dass das Fruchtgenussrecht auch bei einem Verkauf der Immobilie erhalten bleibt, sollte man es ins Grundbuch eintragen. Eingetragene Fruchtgenussrechte scheinen im C-Blatt des Grundbuchs auf.

Dauer und Erlöschen des Fruchtgenussrechts

Generell endet das Fruchtgenussrecht mit dem Ableben der fruchtgenießenden Person. Selbst wenn der/die Eigentümer*in wechselt, besteht das Fruchtgenussrecht weiter. Allerdings kann auch im Vorfeld ein fester Zeitpunkt vereinbart werden, zu dem das Fruchtgenussrecht endet. Alternativ kann es mittels Löschungsbewilligung aufgelöst werden. Weder der Verkauf noch das Vererben des Fruchtgenussrechtes sind möglich – jedoch kann die Ausübung des Fruchtgenuss an eine andere Person übertragen werden.

Oft gestellte Fragen

Was ist das Fruchtgenussrecht?

Das Fruchtgenussrecht ist ein Recht, das es einer Person ermöglicht, die Früchte und Erträge einer bestimmten Sache zu nutzen, ohne jedoch Eigentümer*in dieser Sache zu sein.

Wie funktioniert das Fruchtgenussrecht in Bezug auf Immobilien?

Bei Immobilien gewährt das Fruchtgenussrecht dem/der Nutznießer*in das Recht, die Mieteinnahmen oder andere Nutzungen aus der Immobilie zu erhalten, während der/die Eigentümer*in das Recht auf die grundlegende Eigentumsnutzung behält.

Was ist der Unterschied zum Wohnrecht?

Im Fruchtgenussrecht kann man die Wohnung/das Haus entweder selbst nutzen (wie beim Wohnrecht) oder sie vermieten.

Was sind die Vorteile eines Fruchtgenussrechts für den/die Nutznießer*in?

Das Fruchtgenussrecht ermöglicht es dem/der Nutznießer*in, von den Früchten oder Einnahmen der Immobilie zu profitieren, ohne das Risiko und die Verantwortung des Eigentums zu tragen. Es kann auch als abgesichertes, passives Einkommen dienen.

Muss das Fruchtgenussrecht im Grundbuch eingetragen werden?

Nein, ein Fruchtgenussrecht muss nicht in das Grundbuch eingetragen werden, doch erlangt es dadurch dingliche Wirkung, das heißt es ist gegen jeden (künftigen) Eigentümer durchsetzbar. Will man also sicher gehen, dass das Fruchtgenussrecht auch bei einem Verkauf der Immobilie erhalten bleibt, sollte man es ins Grundbuch eintragen.

Wo ist ein Fruchtgenussrecht im Grundbuch ersichtlich?

Eingetragene Fruchtgenussrechte scheinen im C-Blatt (Lastenblatt) des Grundbuchs auf.

Welche Bedingungen oder Einschränkungen gelten für das Fruchtgenussrecht?

Das Fruchtgenussrecht wird in der Regel vertraglich festgelegt und kann bestimmte Bedingungen, Dauer und Rechte des Nutznießers bzw. der Nutznießerin umfassen. Es ist wichtig, einen klaren Vertrag abzuschließen, der die Rechte und Pflichten beider Parteien genau definiert.

Wann endet das Fruchtgenussrecht?

Generell endet das Fruchtgenussrecht mit dem Ableben der fruchtgenießenden Person. Selbst wenn der/die Eigentümer*in wechselt, besteht das Fruchtgenussrecht weiter. Allerdings kann auch im Vorfeld ein fester Zeitpunkt vereinbart werden, zu dem das Fruchtgenussrecht endet. Alternativ kann es mittels Löschungsbewilligung aufgelöst werden.

Kann das Fruchtgenussrecht verkauft oder vererbt werden?

Weder der Verkauf noch das Vererben des Fruchtgenussrechtes sind möglich – jedoch kann die Ausübung des Fruchtgenuss an eine andere Person übertragen werden.

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Kurz zusammengefasst

Der Fruchtgenuss ist das Recht, einen Gegenstand, der jemand anderem gehört, selbst ohne Einschränkung zu benützen. Der/die Fruchtnießer*in hat das dingliche Recht, eine fremde Sache ohne jede Einschränkung aber unter Schonung der Substanz zu gebrauchen. Das heißt im Vergleich zum Wohnrecht darf eine Immobilie auch vom/von der Berechtigten vermietet/verpachtet werden. Dies ist ein persönliches Recht, welches mit einer Eintragung ins C-Blatt des Grundbuchs auch gegenüber Dritten wie z.B. künftige Käufer*innen wirksam gemacht werden kann. Neben den Erträgen, welche Berechtigte aus dem Fruchtgenussrecht bekommen sind jedoch die grundsätzlichen Kosten wie Instandhaltung und Versicherung vom/von der Berechtigten zu tragen. Vertraglich abweichendes kann jedoch jederzeit vereinbart werden.

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