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Discounted Cashflow-Verfahren in der Immobilienbewertung

Das Discounted Cashflow-Verfahren ist eine Methode um eine Immobilie zu bewerten. Dabei werden die zu erwartenden Einzahlungsüberschüsse (Einnahmen & Ausgaben) zum aktuellen Barwert der Immobilie zurück gerechnet. Wie sich der Discounted Cashflow errechnet, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Münzberge in aufsteigender Reihenfolge, am letzten steht ein Holzhaus

Was ist das Discounted Cashflow-Verfahren?

Discounted Cashflow (DCF) oder zu deutsch abgezinster Zahlungsstrom beschreibt Verfahren zur Wertermittlung, insbesondere zur Unternehmensbewertung und zur Ermittlung des Verkehrswerts von Immobilien. Es baut dabei auf dem finanzmathematischen Konzept der Abzinsung von Zahlungsströmen zur Ermittlung des Kapitalwerts auf. Die DCF-Methode kann dabei für die Bewertung von Unternehmen, ganzen Projekten oder auch Teilprojekten dienen. Als Verfahren der Unternehmensbewertung zählt es zur Finanzierung und Wirtschaftsprüfung. Wichtige Anwendungen finden sich bei der Bewertung mietvertraglicher Regelungen mit Overrent oder Underrent.

Das DCF-Verfahren basiert auf den im Rahmen einer Unternehmensplanung ermittelten zukünftigen Zahlungsüberschuss und diskontiert diesen mit Hilfe von Kapitalkosten auf den Bewertungsstichtag. Dabei werden zu zahlende Steuern (z.B. Körperschaftssteuer, Einkommensteuer) mit in die Bewertung einbezogen. Der zu ermittelnde Barwert/Kapitalwert ist der diskontierte Cashflow.

Die Discounted-Cashflow-Methode hat eine Kapitalisierung zukünftiger Ein- & Auszahlungen zur Grundlage, ist also letztlich eine Barwertermittlung prognostizierter zukünftiger nominaler Reinerlöse.

Konkretes Vorgehen

Das DCF-Verfahren lt. ÖNORM B 1802-2 stellt ein 2-Phasen-Modell dar. In der Phase 1 (Detailprognose-Zeitraum) werden die Zahlungsströme detailliert dargestellt. In der Phase 2 wird der Marktwert (fiktive Veräußerungswert) am Ende des Detailprognose-Zeitraums angesetzt.

Die Berechnungsergebnisse hängen sehr stark von den zur Verfügung stehenden Parametern und der Qualität der prognostizierten Werte ab.

Phase 1: Detailprognose

Im Detailprognose-Zeitraum wird der Netto-Cash-Flow für jedes einzelne Jahr anhand der prognostizierten Ein- und Auszahlungen errechnet. Bei der Analyse der Mieterlöse kann in der Regel von den bestehenden Mietverträgen ausgegangen werden, wobei beispielsweise auf Indexierung, Änderungen der Miethöhe, Incentives, Leerstehungen durch Beendigung von Mietverhältnissen usw. geachtet wird. Bei der Auszahlung werden Umbau- und Modernisierungskosten, Instandhaltungskosten, nicht umlegbare Betriebs- und Verwaltungskosten usw. angesetzt.

Die für jedes Jahr ermittelten Netto-Cash-Flows, die auch negativ sein können, werden mit dem Diskontierungszinssatz auf den Bewertungsstichtag abgezinst. Der Diskontierungszinssatz enthält, im Gegensatz zum Liegenschaftszinssatz, auch eine Komponente für Inflation, da auch die prognostizierten Erlöse wertgesichert sind. Für Phase 1 wird häufig ein Zeitraum von 5 bis 10 Jahren gewählt.

Phase 2: Fiktiver Veräußerungserlös

Basis für den fiktiven Veräußerungswert (Terminal Value, Exit Value) ist der, für ein typisches Durchschnittsjahr nach Ende des Detailprognose-Zeitraums, prognostizierte jährliche marktübliche erzielbare Überschuss. Dieser Überschuss wird mit Hilfe der vereinfachten Ertragswertverfahren unter Berücksichtigung der gewöhnlichen Restnutzungsdauer oder einer ewigen Rente (bei sehr langen Restnutzungsdauer) und dem Liegenschafts- bzw. Kapitalisierungszinssatz als Barwert errechnet. Im Liegenschafts- bzw. Kapitalisierungszinssatz sollen das erwartete wirtschaftliche Umfeld sowie die Inflation berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist die im Laufe der Zeit zunehmende Prognoseunsicherheit im Zinssatz abzubilden.

Der Liegenschafts- bzw. Kapitalisierungszinssatz weicht somit in der Regel vom Diskontierungszinssatz ab und liegt üblicherweise darunter. Der fiktive Veräußerungswert wird unter Berücksichtigung des Zeitraums der Phase 1 und dem Diskontierungszinssatz auf den Bewertungsstichtag abgezinst.

Verkehrswertermittlung

Der Verkehrswert ermittelt sich aus der Summe der Barwerte der Phase 1 und Phase 2. Bei neueren Objekten bzw. bei langer Restnutzungsdauer überwiegt der Anteil des Werts der Phase 2 deutlich. Bei älteren Objekten bzw. bei kurzer Restnutzungsdauer nähert sich der Wert der Phase 2 jenem der Phase 1 an.

Um zum Verkehrswert zu gelangen sind jedenfalls eventuelle Belastungen durch Rechte und Lasten sowie eine Marktanpassung zu berücksichtigen. Beim DCF-Verfahren wird schwer zu argumentieren sein, dass man objektiv und unabhängig bewertet hat, da aufgrund der sehr detailliert zu berücksichtigenden Informationen (speziell in Phase 1) eine Beeinflussung durch den/die Informationsbereitsteller*in (Liegenschaftseigentümer*in) nicht ausgeschlossen werden kann.

Wann macht das Discounted Cashflow-Verfahren Sinn?

Das DCF-Verfahren wird bei der Bewertung von ertragsorientierten Immobilien und Immobilienprojekten (z.B. Einzelhandel, Bürogebäude, Mietwohnhaus etc.) angewendet. Bei den bewerteten Objekten handelt es sich meist um komplexe Immobilien wie beispielsweise Shopping-Center oder Bürokomplexe. Es setzt aber voraus, dass die zukünftigen Einzahlungsüberschüsse (Netto-Cash-Flows) möglichst genau prognostiziert werden können und die Wahl der Zinssätze den Marktgegebenheiten entsprechen. Anders als das Ertragswertverfahren ist es im Liegenschaftsbewertungsgesetz nicht direkt genannt, zählt jedoch dennoch zu den Bewertungsverfahren, welche dem Stand der Wissenschaft entsprechen und damit auch anerkannt sind.

Das Verfahren wird, wie die reine Rentabilitätsrechnung auch vor allem von internationalen Investoren angewendet. Ziel ist, eine Vergleichbarkeit mit anderen Immobilien als Kapitalanlage möglich zu machen. Bei der Discounted-Cashflow-Methode wird eine Renditeerwartung eines Investors zu einem bestimmten Zeitpunkt festgelegt. Anschließend werden alle zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben auf den festgelegten Tag hin berechnet. Die Einnahmen sind in der Rechnung positiv, die Ausgaben negativ. Bei einem positiven Rechnungsergebnis lohnt sich die Investition. Je positiver, desto lukrativer ist die Investition.

Vergleich zum Ertragswertverfahren

Erträge

Das Ertragswertverfahren hat den nachhaltigen Rohertrag als Ausgangsbasis, während die DCF-Methode die tatsächlichen Mieteinnahmen gem. Mietverträge nutzt.

Besichtigungszeitraum

Das Ertragswertverfahren nutzt die Restnutzungsdauer des Gebäudes, während die DCF-Methode einen Investitionszeitraum von 5-15 Jahren nutzt.

Kalkulationszinssatz

Der Kalkulationszinssatz richtet sich im Ertragswertverfahren nach der bei der Immobilien dieser Art üblichen erzielbaren Kapitalverzinsung, während die DCF-Methode als Basis den Kapitalmarktzins unter Berücksichtigung von Zu- & Abschlägen nutzt.

Inflation & Wachstumsrate

Im Ertragswertverfahren findet beides im Kalkulationszinssatz Berücksichtigung, im DCF-Verfahren bei der Miete.

Restwert (zukünftiger Verkaufserlös

Dieser findet im Ertragswertverfahren grundsätzlich keine Berücksichtigung, im DCF-Verfahren ist es der Ansatz am Ende des Betrachtungszeitraums.

Trennung von Boden & Gebäudewert

Während beim Ertragswertverfahren beides getrennt ist, ist der Bodenwert im DCF-Verfahren eine unbekannte Größe.

Wertermittlung

Im Ertragswertverfahren ist der Ertragswert der Rechenwert für den Verkehrswert, im DCF-Verfahren ein subjektiver Wert.

Vor- & Nachteile

Vorteil der Methode ist, dass am Ende ein exakter Barwert herauskommt, der mit anderen Werten vergleichbar ist. Die DCF-Methode ist übersichtlich, die Erträge, Ausgaben und sonstigen Faktoren nachvollziehbar. Trotzdem erfolgt darüber keine Ermittlung des Verkehrswerts. Ebenso wird die Inflation und Wachstumsrate bei den Mietverträgen berücksichtigt, es ist keine Ermittlung des Bodenwerts erforderlich und die Ermittlung des Kalkulationszinssatzes ist einfacher. Das macht das Schema insgesamt leicht nachvollziehbar. Dennoch ist die Ermittlung des Restwerts am Ende des Betrachtungszeitraums schwierig. Gerade im Hinblick auf die Marktentwicklung fließen oft sehr subjektive Einschätzungen in die Rechnung mit ein, was zu starken Ungenauigkeiten führen kann und der Grund dafür ist, bei offiziellen Verkehrswertermittlungen selten zum Einsatz zu kommen.

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