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Sachwertverfahren in der Immobilienbewertung

Das Sachwertverfahren ist eine Methode um den Verkehrswert einer Immobilie auszurechnen. Dabei wird der Wert aus dem Bodenwert und dem Gebäudewert abgeleitet. Wie sich der Sachwert errechnet, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Haus auf Tisch wird unter die Lupe genommen

Was ist das Sachwertverfahren?

Im Sachwertverfahren wird der Wert der Immobilie durch Zusammenzählung des Bodenwertes, des Bauwertes und des Wertes sonstiger Bestandteile sowie gegebenenfalls des Zubehörs der Immobilie ermittelt. Der Bodenwert ist in der Regel als Vergleichswert durch Heranziehung von Kaufpreisen vergleichbarer unbebauter und unbestockter Liegenschaften zu ermitteln. Wertänderungen, die sich demgegenüber aus der Bebauung oder Bestockung der zu bewertenden Liegenschaft (oder deren Zugehörigkeit zu einem Liegenschaftsverband) ergeben müssen dabei gesondert berücksichtigt werden. Der Bauwert wiederum ist die Summe der Werte der baulichen Anlagen. Bei seiner Ermittlung ist in der Regel vom Herstellungswert auszugehen und von diesem die technische und wirtschaftliche Wertminderung abzuziehen. Sonstige Wertänderungen und wertbeeinflussenden Umstände (z.B. Lage, baurechtliche oder andere öffentlich-rechtliche Beschränkungen) sowie erhebliche Abweichungen von den üblichen Baukosten müssen gesondert berücksichtigt werden.

Konkretes Vorgehen

Der Sachwert einer Liegenschaft ergibt sich aus der Summe aus Bodenwert, Gebäudewert sowie dem Bauwert sonstiger Bestandteile (etwa Außenanlagen), die jeweils getrennt voneinander ermittelt werden. Dabei werden auch sonstige wertbeeinflussende Faktoren berücksichtigt. In Kurzform kann also gesagt werden:

Sachwert = (Bodenwert + Gebäudewert + weitere Bestandteile der Immobilie) * Marktanpassungsfaktor

Gehen wir nochmal näher auf die wichtigsten Faktoren hierfür ein:

Bodenwert

Der Bodenwert eines Grundstücks wird  mit dem Vergleichswertverfahren ermittelt. Dabei werden die Kaufpreise vergleichbarer, unbebauter Liegenschaften herangezogen. Das ergibt wiederum einen fiktiven Wert der unbebauten Liegenschaft, für den die abgeleitete vorhandene Bebauung und Aufschließung berücksichtigt wird. Allenfalls erforderliche Zu- & Abschläge werden nach Erfahrungssätzen bestimmt.

Neubauwert & Herstellungskosten

Der Bauwert eines Gebäudes wird ermittelt, indem Wertminderungen von den Herstellungskosten (Neubaukosten), die auf Mängel, Schäden und Alter zurückzuführen sind, sowie sonstige wertmindernde Faktoren abgezogen oder wersteigernde Faktoren dazu gerechnet werden. Die Herstellungs- oder Neubaukosten eines Gebäudes setzen sich aus den Bau- und Baunebenkosten sowie den Ausgaben für Fachleute, Planung, und Genehmigungen zusammen. Dabei werden jedoch nicht die tatsächlichen Ausgaben berücksichtigt, sondern zeitlich angepasste Richtpreise.

Alterswertminderung

Die Wertminderung wird nach dem Verhältnis der Restnutzungsdauer zur Gesamtnutzungsdauer der baulichen Anlagen bestimmt. Dabei kann je nach Art der Nutzung und der Pflegeintensität, sowie dem Alter der baulichen Anlagen von einer gleichmäßigen oder von einer altersmäßig zunehmenden oder abnehmenden Wertminderung ausgegangen werden. Ist das Gebäude aufgrund des Alters schon gänzlich abgeschrieben, kann ein sogenanntes fiktives Baujahr herangezogen werden, von dem aus die Restnutzungsdauer errechnet wird.

Wertminderung infolge von Mängeln, Schäden oder rückgestauten Reparaturbedarfs

Die Wertminderung ist nach Erfahrungswerten oder nach den für die Beseitigung erforderlichen Kosten zu bestimmen. Die Beseitigungskosten sind jedenfalls dann anzusetzen, wenn die Beseitigung für die weitere Benützung unabdingbar ist.

Wertminderung infolge verlorenem Bauaufwands

Der Teil der Baukosten, der bei einem Verkauf vom Markt nicht abgegolten wird, weil das Gebäude den zeitgemäßen Vorstellungen, z.B. durch unwirtschaftlichen Aufbau (Grundrissgestaltung, übergroße Raumhöhen) oder aufwendige Extraausführung nicht voll entspricht oder eine starke Zweckgebundenheit aufweist (insb. bei Industriebauten), ist als wirtschaftliche Wertminderung nach Erfahrungswerten zu bestimmen.

Wert von sonstigen Bestandteilen & Zubehör

Der Wert sonstiger Bestandteile, wozu auch die Einrichtungen, Außenanlagen und eine besondere Ausstattung zählen, ist ausgehend von Erfahrungssätzen oder von den gewöhnlichen Herstellungskosten zu bestimmen. Er ist nur insoweit anzusetzen, als er nicht schon im Bauwert berücksichtigt ist. Das gilt auch für Zubehör, wenn dieses in die Wertermittlung einzubeziehen ist.

Insgesamt ergibt sich daraus folgendes Ablaufschema (nach ÖNORM B1802 der Liegenschaftsbewertung):

Beispielberechnung einer Eigentumswohnung

Bodenwert

2.546 m² Baugrund * 450 €/m²

= € 1.145.700,00

davon 84/4070 Anteilen

= € 23.645,90

– 10% Bebauungsabschlag

= € 2.364,60

ergibt einen Bodenwert von € 21.281,30 (gerundet € 21.280,00)

Gebäudezeitwert

Wohnnutzfläche von 73,21 m² * 1.900 €/m²

= € 139.099,00

zuzüglich 15 % Nebenkosten

= € 20.864,85

ergibt eine Zwischensumme von € 159.963,85

zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer

= € 31.992,77

ergibt einen Herstellungswert/Neubauwert gerundet von € 191.956,62

zuzüglich Pauschale für Tiefgaragenstellplatz

= € 20.000,00

ergibt einen Herstellungswert gesamt von € 211.956,62 (gerundet € 211.960,00)

Alterswertminderung

Herstellungswert für Wohnung & Tiefgaragenstellplatz

= € 211.960,00)

abzüglich 14 % Abschlag als Alterswertminderung

= € 29.674,70

ergibt einen Gebäudezeitwert von € 182.285,60

Sachwert

Bodenwert

= € 21.280,00

+ Gebäudezeitwert

= 182.285,60

ergibt einen rechnerischen Sachwert von € 203.565,60 (gerundet € 203.570,00)

Verkehrswert

Anpassung an die Situation am Immobilienmarkt

Sachwert

= € 203.570,00

– ca. 5 % Marktabschlag

= € 10.180,00

ergibt schlussendlich einen Verkehrswert von € 193.390,00

Wann macht das Sachwertverfahren Sinn?

Das Sachwertverfahren wird hauptsächlich zur Immobilienbewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Liegenschaften herangezogen, bei denen die Eigennutzung der baulichen Anlagen für den Kauf maßgeblich ist und nicht etwa die mögliche Rendite aus Mieteinnahmen. Dabei wird eingeschätzt, wie viel die Wiederherstellung des Objektes kosten würde. Es kommt zur Anwendung, wenn das Vergleichswertverfahren mangels Vergleichswerten oder das Ertragswertverfahren aufgrund fehlender ortsüblicher Mieten nicht verwendet werden kann. Es kann aber auch zusätzlich zu beiden Verfahren eingesetzt werden, um deren Ergebnisse zu validieren. Auch für land- & forstwirtschaftliche Betriebe, sowie Gewerbe- & Industrieliegenschaften sowie selten auch für die Verkehrswertberechnung von Tourismusliegenschaften (Gastronomie & Hotellerie) kommt das Sachwertverfahren zum Einsatz.

Vor- & Nachteile

Das Sachwertverfahren ermöglicht nur zum Teil zuverlässige Aussagen über den Verkehrswert einer Immobilie, da der Immobilienwert beim Immobilienverkauf in erster Linie durch Angebot und Nachfrage und nicht durch die Herstellungskosten bestimmt wird. Zwar werden durch den Marktanpassungsfaktor die Marktgegebenheiten im Verfahren berücksichtigt, aber eher pauschal als differenziert.

Insbesondere für ungewöhnliche oder nicht vergleichbare Immobilien (z. B. Gewerbe oder industrielle Gebäude) bietet das Sachwertverfahren jedoch eine gute Möglichkeit, diese zu bewerten. Weiters bewertet das Verfahren objektiv den Substanzwert einer Immobilie anhand des aktuellen Preisniveaus der Herstellungskosten. Daher sind die Bausubstanz und mögliche Bauschäden von großer Wichtigkeit.

Oft gestellte Fragen

Was ist das Sachwertverfahren?

Im Sachwertverfahren wird der Wert der Immobilie durch Zusammenzählung des Bodenwertes, des Bauwertes und des Wertes sonstiger Bestandteile sowie gegebenenfalls des Zubehörs der Immobilie ermittelt. Der Bodenwert ist in der Regel als Vergleichswert durch Heranziehung von Kaufpreisen vergleichbarer unbebauter und unbestockter Liegenschaften zu ermitteln. Wertänderungen, die sich demgegenüber aus der Bebauung oder Bestockung der zu bewertenden Liegenschaft (oder deren Zugehörigkeit zu einem Liegenschaftsverband) ergeben müssen dabei gesondert berücksichtigt werden.

Wann macht das Sachwertverfahren Sinn?

Das Sachwertverfahren wird hauptsächlich zur Immobilienbewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Liegenschaften herangezogen, bei denen die Eigennutzung der baulichen Anlagen für den Kauf maßgeblich ist und nicht etwa die mögliche Rendite aus Mieteinnahmen. Dabei wird eingeschätzt, wie viel die Wiederherstellung des Objektes kosten würde. Auch für land- & forstwirtschaftliche Betriebe, sowie Gewerbe- & Industrieliegenschaften sowie selten auch für die Verkehrswertberechnung von Tourismusliegenschaften (Gastronomie & Hotellerie) kommt das Sachwertverfahren zum Einsatz.

Was ist der Bauwert einer Liegenschaft?

Der Bauwert ist die Summe der Werte der baulichen Anlagen. Bei seiner Ermittlung ist in der Regel vom Herstellungswert auszugehen und von diesem die technische und wirtschaftliche Wertminderung abzuziehen. Sonstige Wertänderungen und wertbeeinflussenden Umstände (z.B. Lage, baurechtliche oder andere öffentlich-rechtliche Beschränkungen) sowie erhebliche Abweichungen von den üblichen Baukosten müssen gesondert berücksichtigt werden.

Was ist der verlorene Bauaufwand?

Der Teil der Baukosten, der bei einem Verkauf vom Markt nicht abgegolten wird, weil das Gebäude den zeitgemäßen Vorstellungen, z.B. durch unwirtschaftlichen Aufbau (Grundrissgestaltung, übergroße Raumhöhen) oder aufwendige Extraausführung nicht voll entspricht oder eine starke Zweckgebundenheit aufweist (insb. bei Industriebauten), ist als wirtschaftliche Wertminderung nach Erfahrungswerten zu bestimmen.

Was ist die Alterswertminderung?

Die Wertminderung wird nach dem Verhältnis der Restnutzungsdauer zur Gesamtnutzungsdauer der baulichen Anlagen bestimmt. Dabei kann je nach Art der Nutzung und der Pflegeintensität, sowie dem Alter der baulichen Anlagen von einer gleichmäßigen oder von einer altersmäßig zunehmenden oder abnehmenden Wertminderung ausgegangen werden. Ist das Gebäude aufgrund des Alters schon gänzlich abgeschrieben, kann ein sogenanntes fiktives Baujahr herangezogen werden, von dem aus die Restnutzungsdauer errechnet wird.

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Kurz zusammengefasst

Das Sachwertverfahren wird hauptsächlich zur Immobilienbewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Liegenschaften herangezogen, bei denen die Eigennutzung der baulichen Anlagen für den Kauf maßgeblich ist und nicht etwa die mögliche Rendite aus Mieteinnahmen. Dabei wird eingeschätzt, wie viel die Wiederherstellung des Objektes kosten würde. Im Sachwertverfahren wird der Wert der Immobilie durch Zusammenzählung des Bodenwertes, des Bauwertes und des Wertes sonstiger Bestandteile sowie gegebenenfalls des Zubehörs der Immobilie ermittelt. Der Bodenwert ist in der Regel als Vergleichswert durch Heranziehung von Kaufpreisen vergleichbarer unbebauter und unbestockter Liegenschaften zu ermitteln. Wertänderungen, die sich demgegenüber aus der Bebauung oder Bestockung der zu bewertenden Liegenschaft (oder deren Zugehörigkeit zu einem Liegenschaftsverband) ergeben müssen dabei gesondert berücksichtigt werden.

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