Luftansicht auf Wiesing

Videoüberwachung im Mehrparteienhaus

Gibt es in Mehrparteienhäusern öfters Vorfälle & Probleme an allgemeinen Teilen der Liegenschaft, stellt sich die Frage nach einer Videoüberwachung. Egal ob Hauseingänge, Innenhöfe, Aufzüge, Garagen, Kellerabteile oder Müllräume, darf so einfach ein Videoüberwachungssystem installiert werden? Wir geben Auskunft.

Überwachungskamera an Hauswand

Videoüberwachung & DSGVO

Bilddaten wie etwa Videoaufnahmen sind grundsätzlich vom Begriff der personenbezogenen Daten umfasst. Personenbezogene Daten werden mit Kameras verarbeitet, wenn einzelne Personen auf den Bildern eindeutig erkennbar sind oder Rückschlüsse auf deren Identität möglich sind. Für die Identifizierbarkeit reicht es, wenn Gesichtszüge erkennbar sind oder Begleitumstände einer Aufnahme es ermöglichen, einen Bezug zu einer bestimmten Person herzustellen. Ob der Einsatz von Bildverarbeitungsanlagen (“Videoüberwachung”) nach dem Datenschutzrecht (DSGVO & darauf basierend österreichisches Datenschutzgesetz DSG) rechtmäßig ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Eine Videoüberwachung ist dann zulässig, wenn:

  • im Einzelfall überwiegende berechtigte Interessen (Schutz vor Gefahren oder Schutz vor Straftaten) des Verantwortlichen oder eines Dritten bestehen &
  • die Verhältnismäßigkeit gegeben ist.

Eine Videoüberwachung ist daher nur dann zulässig, wenn diese verhältnismäßig ist. Mit anderen Worten: Kann der gleiche Schutzzweck durch ein gelinderes Mittel (z.B. Sperrsysteme, Sicherungssysteme) ebenfalls erreicht werden, dann darf keine Videoaufzeichnung vorgenommen werden. Ein berechtigtes Interesse kann sein:

  • Schutz des Lebens von Personen
  • Schutz der Gesundheit und der körperlichen Unversehrtheit von Personen
  • Schutz des Eigentums

Pflichten von Überwachenden

Wird eine Videoüberwachung installiert, sind folgende Pflichten vom/von der Überwachenden zu beachten:

  • Kennzeichnungspflicht: Die Videoüberwachung muss durch Hinweisschilder oder Aufkleber gekennzeichnet werden
  • Auskunftspflicht: Über die Identität der überwachenden Personen (d.h. wer die Videoaufnahmen sichtet)
  • Sicherheitsmaßnahmen: Der/die Verantwortliche muss sicherstellen, dass geeignete Datensicherheitsmaßnahmen ergriffen wurden
  • Zugang: Der Zugang zur Videoüberwachung durch Unbefugte muss ausgeschlossen werden
  • Speicherdauer & Löschungspflicht: Die Videoaufzeichnung muss binnen 72h nach der Aufzeichnung gelöscht werden. Werden die Daten länger gespeichert, muss dies verhältnismäßig sein und besonders begründet werden.
  • Auswertung: Aufnahmen werden nur im Anlassfall ausgewertet (z.B. um festzustellen, wer eine Beschädigung verursacht hat).
  • örtliche Begrenzung: Die Erfassung öffentlicher Verkehrsflächen (z.B. Teile von Gehsteig oder Straße) ist nur dann zulässig, wenn der Schutzzweck der Videoüberwachung anders nicht erfüllbar wäre. Angrenzende Häuser, Nachbargrundstücke oder Nachbarwohnungen (Wohnungstüren) dürfen jedenfalls nicht gefilmt werden.

Kamera-Attrappen

Eine bloße Attrappe einer Videokamera, die gar keine Daten aufzeichnet, fällt nicht unter das Datenschutzrecht. Kommt es zu einer Beschwerde, muss der/die Inhaber*in allerdings gegenüber der Datenschutzbehörde nachweisen, dass es sich um Attrappen handelt. Unzulässig sind Attrappen jedoch im Rahmen der örtlichen Begrenzung d.h. auf öffentliche Verkehrsflächen, angrenzende Häuser, Nachbargrundstücke oder Nachbarwohnungen (Wohnungstür). Wenn eine Attrappe jedoch als solche nicht erkennbar ist, ist nach der Judikatur des OGH eine Beeinträchtigung der Privatsphäre im Einzelfall möglich, wenn sich eine betroffene Person durch die Art der Anbringung und den äußeren Anschein einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt fühlt.

Grundsätzliches zur Videoüberwachung in Wohnhäusern & Wohnungen

Gehen Vorgänge der Datenverarbeitung voraussichtlich mit einem hohen Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen einher, muss der Verantwortliche noch vor der Verarbeitung eine sogenannte “Datenschutz-Folgenabschätzung” durchführen. Besteht voraussichtlich kein solches hohes Risiko, kann eine Datenschutz-Folgenabschätzung unterbleiben.

Von der Datenschutz-Folgenabschätzung ausgenommen ist unter bestimmten Voraussetzungen (Anforderungen an räumlichen Erfassungsbereich, Speicherdauer, Kennzeichnung, Zweck der Datenverarbeitung,…) z.B. der vorbeugende Schutz von Personen oder Sachen auf privaten, zu Wohnzwecken dienenden Liegenschaften, die ausschließlich vom Verantwortlichen und von allen im gemeinsamen Haushalt lebenden Nutzungsberechtigten genutzt werden. Voraussetzung ist die Einwilligung aller Nutzungsberechtigten. Ein anderer Zweck, der unter die Ausnahmen der Datenschutz-Folgenabschätzung fällt, betrifft den vorbeugenden Schutz von allgemein zugänglichen Orten, die dem Hausrecht des Verantwortlichen unterliegen. Zusätzliche Voraussetzung sind bereits erfolgte Rechtsverletzungen oder ein besonderes Gefährdungspotenzial und dass kein gelinderes geeignetes Mittel zur Verfügung steht. Bei jeder Videoüberwachung in Wohnhäusern und Wohnungen muss jedenfalls eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt werden.

Videoüberwachung im Wohnungseigentum

Im Wohnungseigentum gilt für die Installierung von Videoanlagen an allgemeinen Teilen der Liegenschaft, dass alle Wohnungseigentümer zustimmen müssen (im Rahmen einer Verfügungshandlung). Dabei muss konkret festgelegt werden,

  • wer die aufgezeichneten Daten der Videoüberwachung verwahrt
  • wer diese Daten durchsehen darf
  • welche Kosten mit der laufenden Überwachung verbunden sind und wie diese zu tragen sind und
  • dass eine unnötige Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten der überstimmten Wohnungseigentümer unterbleibt.

Die Errichtung einer Videoanlage kann insbesondere verhindert werden, wenn diese zu einer dauerhaften, unerwünschten Überwachung führt, welche die Privatsphäre verletzt. Ob ein derartiger Eingriff im Einzelfall zulässig ist, muss dann vom Gericht beurteilt werden. Ein Beschluss der Wohnungseigentümer, der nur pauschal auf Installation eines Videosystems lautet, ohne Angaben über Art oder Verwendung der Aufzeichnungen zu machen, stellt jedenfalls einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre dar.

Videoüberwachung im Mietshaus

Auch hier ist eine Interessensabwägung vorzunehmen, bei der das Sicherheitsbedürfnis des/der Vermieters/in dem Recht auf Achtung der Privatsphäre des/der Mieters/in gegenüberzustellen ist. Auch die Videoüberwachung allgemeiner Teile des Mietshauses (Postkästen, Müllräume) kann die Privatsphäre der Mieterin/des Mieters stören. Die Überwachung des allgemeinen Eingangsbereichs eines Mietshauses ist in der Regel zulässig.

Dem/der Mieter*in ist dabei das berechtigte Interesse zuzubilligen, dass das Betreten oder Verlassen ihrer Wohnung durch sie selbst, ihre Mitbewohner oder Gäste nicht lückenlos überwacht und aufgezeichnet wird. Dem Hauseigentümer hingegen ist nicht nur zum Schutz seiner eigenen Person, wenn er selbst eine Wohnung in dem Miethaus bewohnt, sondern auch zum Schutz seines Eigentums und seiner Mieter ein berechtigtes Interesse an größtmöglicher Sicherheit vor unbefugtem Eindringen und vor Sachbeschädigungen zuzubilligen.

Unzulässig ist aber die Überwachung einer Wohnungstüre eines Mieters, das Überwachen eines Nachbargrundstücks oder eines fremden Wohnhauses von der Straße aus. In diesen Fällen sind grundsätzlich auch Kamera-Attrappen unzulässig.

Oft gestellte Fragen

Wie lange dürfen Videoaufnahmen gespeichert werden?

Die Videoaufzeichnung muss binnen 72h nach der Aufzeichnung gelöscht werden. Werden die Daten länger gespeichert, muss dies verhältnismäßig sein und besonders begründet werden.

Wann dürfen Videoaufnahmen ausgewertet werden?

Aufnahmen dürfen nur im Anlassfall ausgewertet werden (z.B. um festzustellen, wer eine Beschädigung verursacht hat).

Was ist in jedem Fall zur Überwachung unzulässig?

Angrenzende Häuser, Nachbargrundstücke oder Nachbarwohnungen (Wohnungstüren) dürfen jedenfalls nicht gefilmt werden. Die Erfassung öffentlicher Verkehrsflächen (z.B. Teile von Gehsteig oder Straße) ist nur dann zulässig, wenn der Schutzzweck der Videoüberwachung anders nicht erfüllbar wäre.

Müssen Videokameras gekennzeichnet werden?

Ja verpflichtend durch Hinweisschilder oder Aufkleber.

Was sind personenbezogene Daten bei der Videoüberwachung?

Personenbezogene Daten werden mit Kameras verarbeitet, wenn einzelne Personen auf den Bildern eindeutig erkennbar sind oder Rückschlüsse auf deren Identität möglich sind. Für die Identifizierbarkeit reicht es, wenn Gesichtszüge erkennbar sind oder Begleitumstände einer Aufnahme es ermöglichen, einen Bezug zu einer bestimmten Person herzustellen.

Was braucht es für die Videoüberwachung im Wohnungseigentum?

Im Wohnungseigentum gilt für die Installierung von Videoanlagen an allgemeinen Teilen der Liegenschaft, dass alle Wohnungseigentümer zustimmen müssen. Dabei muss konkret festgelegt werden,

  • wer die aufgezeichneten Daten der Videoüberwachung verwahrt
  • wer diese Daten durchsehen darf
  • welche Kosten mit der laufenden Überwachung verbunden sind und wie diese zu tragen sind und
  • dass eine unnötige Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten der überstimmten Wohnungseigentümer unterbleibt.

Was braucht es für die Videoüberwachung im Mietshaus?

Auch hier ist eine Interessensabwägung vorzunehmen, bei der das Sicherheitsbedürfnis des/der Vermieters/in dem Recht auf Achtung der Privatsphäre des/der Mieters/in gegenüberzustellen ist. Auch die Videoüberwachung allgemeiner Teile des Mietshauses (Postkästen, Müllräume) kann die Privatsphäre der Mieterin/des Mieters stören. Die Überwachung des allgemeinen Eingangsbereichs eines Mietshauses ist in der Regel zulässig.

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Kurz zusammengefasst

Eine Videoüberwachung ist dann zulässig, wenn:

  • im Einzelfall überwiegende berechtigte Interessen (Schutz vor Gefahren oder Schutz vor Straftaten) des Verantwortlichen oder eines Dritten bestehen (Interessensabwägung) &
  • die Verhältnismäßigkeit gegeben ist (d.h. keine gelinderen Maßnahmen möglich sind).

Die Videoaufnahmen dürfen weiters max. für 72h gespeichert werden und nur im Anlassfall ausgewertet werden. Im Wohnungseigentum ist die Zustimmung aller Wohnungseigentümer*innen erforderlich, im Mietshaus gilt die Verhältnismäßigkeitsprüfung. Jedenfalls unzulässig ist die Überwachung:

  • der Wohnungstüre eines Mieters/Wohnungseigentümers,
  • eines Nachbargrundstücks oder eines fremden Wohnhauses

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