Photovoltaik im Wohnungseigentum
Mit steigenden Strompreisen und Klimaschutzzielen liegt der Wunsch nahe, Strom selbst über eine Photovoltaik-Anlage zu produzieren. Wie das im Wohnungseigentum umsetzbar ist, erklären wir in diesem Beitrag.

Mit steigenden Strompreisen und Klimaschutzzielen liegt der Wunsch nahe, Strom selbst über eine Photovoltaik-Anlage zu produzieren. Wie das im Wohnungseigentum umsetzbar ist, erklären wir in diesem Beitrag.
Häufig wird Photovoltaik und Solar synonym verwendet. Es gibt jedoch Unterschiede: Bei Photovoltaikanlagen wird Sonnenenergie in elektrische Energie umgewandelt und damit Strom produziert. Eine thermische Solaranlage (Solarthermieanlage) wird hingegen zur Warmwasseraufbereitung und beim Heizen genutzt. Früher ließen sich Solarthermie- und Photovoltaikanlagen bei genauem Hinschauen auch optisch gut unterscheiden: Bei den Solarkollektoren von thermischen Solaranlagen handelte es sich meist um Rohre. Solarmodule von Photovoltaikanlagen bestehen aus einzelnen, nebeneinander quadratisch angeordneten Halbleitern. Heute sehen moderne Flachkollektoren für Solarthermie ihnen zum Verwechseln ähnlich.
Eine Photovoltaikanlage besteht aus Solarmodulen, die Sonnenenergie in elektrische Energie umwandeln. Die Vorteil daraus:
Bei einer thermischen Solaranlage (kurz: Solarthermieanlage) wird mittels auf Dächern verbauten Kollektoren, die mit einer speziellen Solarflüssigkeit – einem Gemisch aus Wasser und Frostschutzmittel – gefüllt sind, Wärme gewonnen. Folgende Vorteile gibt es hier:
Jedoch ist Solarthermie allein nicht in der Lage, den gesamten Heizwärmebedarf eines Jahres zu decken, erst recht nicht für größere Liegenschaften. Grundsätzlich ist es aber möglich, sie mit einer Wärmepumpe zu kombinieren.
Immer mehr Wohnungseigentümer*innen möchten gerne zur Deckung Ihres Energiebedarfs eine Photovoltaikanlage errichten. Für die Errichtung sind allerdings viele rechtliche Fragen zu klären. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, die Photovoltaikanlage als Gemeinschaftsanlage der Eigentümergemeinschaft oder zur ausschließlichen Nutzung für Wohnungseigentümer*innen zu errichten. Wir gehen beide Möglichkeiten durch:
Die Errichtung einer Photovoltaikanlage am Dach des Gebäudes ist eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung. Die Durchführung setzt die Zustimmung der Mehrheit der Wohnungseigentümer*innen voraus. Seit der WEG-Novelle 2022 gelten jedoch geänderte, leichterer Beschlussfassungsmodalitäten. Demnach ist die Mehrheit erreicht, wenn entweder
der Maßnahme zugestimmt haben. Die Berechnung erfolgt in beiden Fällen nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile. Durch die geänderte Beschlussfassungsmodalitäten soll verhindert werden, dass klimafreundliche Maßnahmen, wie etwa die Errichtung einer Photovoltaikanlage am Dach eines im Wohnungseigentum stehenden Hauses, nur aufgrund der Passivität einiger Wohnungseigentümer nicht zustande kommen. Findet die geplante Änderung trotz der erleichterten Modalitäten nicht die benötigte Zustimmung der Wohnungseigentümer*in, besteht keine Möglichkeit, eine Ersatzzustimmung durch den Außerstreitrichter zu erwirken. Die Maßnahme kann dann nicht realisiert werden.
Kommt jedoch ein Beschluss zustande, kann die Photovoltaikanlage auf 3 mögliche Arten finanziert werden:
Natürlich können die Möglichkeiten auch kombiniert werden. Reicht die Rücklage nicht aus, können überstimmte Wohnungseigentümer*innen den Mehrheitsbeschluss gerichtlich anfechten. Abgewendet werden kann dies von der beschließenden Mehrheit, wenn sie den nicht gedeckten Teil der Kosten übernimmt.
In Mehrparteienhäusern konnte der von PV-Anlagen erzeugte Strom lange nur für den Allgemeinstrom des Gebäudes genutzt werden. Mit 2017 wurde diese Hürde beseitigt. Es ist nunmehr für verschiedene Eigentümer*innen (oder auch Mieter*innen) möglich, gemeinsam Photovoltaikanlagen zu betreiben und den erzeugten Strom sämtlichen Verbraucher*innen zuzuordnen und an einzelne Wohneinheiten zu verrechnen. Dadurch kann der Eigenverbrauchsanteil einer Anlage erhöht und somit die Amortisationszeit verkürzt werden.
Eine weitere Möglichkeit den Beschluss hierzu zu erwirken bzw. immer sinnvoll im Zuge der Errichtung ist ein gleichzeitiger Beschluss über eine abweichende Kostenverteilung (Einstimmigkeit) bei der mit abweichender Abrechnungseinheit beschlossen wird, dass die Kosten für Errichtung und Erhaltung der Photovoltaikanlage nur von einzelnen Wohnungseigentümer*innen übernommen wird. Der Nachteil ist natürlich, dass die Kosten für die einzelnen dadurch steigen. Ob es möglich ist, dass dann auch nur diese Miteigentümer*innen vom erzeugten Strom profitieren und nicht alle, ist im Einzelfall baulich zu prüfen, wird jedoch schwierig umzusetzen. Ebenfalls eine abweichende Kostenverteilung als Aufteilungsschlüssel ist bzgl. der Aufteilung des erzeugten Stroms zu treffen. Voraussetzung für eine PV-Gemeinschaftsanlage sind somit folgende Punkte:
Für die Zuordnung des erzeugten Stroms an einzelne Einheiten wird zwischen einem statischen und dynamischen Verteilungs- bzw. Abrechnungsschlüssel unterschieden:
Will hingegen ein/e einzelne/r Wohnungseigentümer*in eine Photovoltaikanlage für seine alleinige Nutzung an allgemeinen Teilen der Liegenschaft (insbesondere am Dach) montieren, muss diese/r vor deren Errichtung die aktive Zustimmung sämtlicher Miteigentümer einholen.
Die übrigen Wohnungseigentümer können die Zustimmung nicht verweigern bzw. könnte der änderungswillige Wohnungseigentümer die Ersetzung der Zustimmung durch das Gericht beantragen, wenn die Anbringung der Photovoltaikanlage
Bis dato musste sich der Oberste Gerichtshof (OGH) erst einmal mit der Frage befassen, ob die Zustimmung des Außerstreitrichters zur Anbringung einer Photovoltaikanlage unter diesen Gesichtspunkten zu erteilen ist. In einem konkreten Fall hat der OGH die Zustimmung mit der Begründung verweigert, dass die Antragstellerin einen Großteil der Dachfläche für die von ihr ausschließlich zu nützende Photovoltaikanlage beanspruchen wollte und damit keine adäquate Fläche für die Photovoltaikanlage der übrigen Wohnungseigentümer verblieben wäre. Die geplante Maßnahme hätte daher die schutzwürdigen Interessen der übrigen Wohnungseigentümer wesentlich beeinträchtigt.
Während die Frage der Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes stets eine Frage des Einzelfalls bleiben wird (schließlich ist das von der architektonischen Qualität des Hauses sowie der Sichtbarkeit der Photovoltaik-Anlage abhängig), ließen sich die Themen wichtiges „Interesse eines Wohnungseigentümers“ oder „Verkehrsüblichkeit“ abstrakt beantworten. Leider hat es der Gesetzgeber auch mit Wohnungseigentumsnovelle unterlassen, das wichtige Interesse oder die Verkehrsüblichkeit im Zusammenhang mit einer Photovoltaikanlage zu definieren. Es bleibt also abzuwarten, ob der OGH diese Fragen zugunsten des/der änderungswilligen Wohnungseigentümers/in bejaht.
Beides sollte im Hinblick auf die allgemein gewünschte Energiewende sowie die Entwicklungen bei den Energiepreisen nur eine Frage der Zeit sein.
Eine gewisse Erleichterung hat der Gesetzgeber zumindest durch die im Zuge der WEG-Novelle 2022 neu eingeführte Privilegierung geschaffen, wonach bei einem als Reihenhaus oder Einzelgebäude errichteten Wohnungseigentumsobjekt die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer unterstellt wird, wenn der Änderungswillige diese von der geplanten Errichtung der Photovoltaikanlage schriftlich verständigt hat und die übrigen der Änderung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Verständigung widersprechen.
Ob und welche Bewilligungen es für die Errichtung und den Betrieb von Photovoltaikanlagen benötigt, hängt von vielen Faktoren ab. Wird der erzeugte Strom in einem Gewerbebetrieb verwendet, bedarf es – abhängig von der Größe und Hauptzweck – einer Genehmigung oder einer Anzeige nach Gewerbeordnung. Diese jedoch nur, wenn spezifische ungewöhnliche oder gefährliche örtliche Umstände für die Genehmigungspflicht im Sonderfall gegeben sind. Für Strom für private Zwecke gilt folgendes mit zu bedenken:
Energieerzeugungsanlagen müssen dem Stand der Technik entsprechen (bau-, sicherheits- und brandschutztechnisch), sowie die Energie effizient gewinnen. Durch Bestand wie Betrieb dürfen Natur, Landschaftsbild und Ortsbild nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
Anlagen mit einer Größe bis zu 20 m² sind nicht genehmigungspflichtig (wenn sie in die Dachfläche oder Wandfläche integriert sind und max. 30cm Abstand haben). Anlagen über 20 m² sind nach § 28 TBO bewilligungs- bzw. anzeigenpflichtig, wenn sie nicht der Bewilligungspflicht nach Tiroler Elektrizitätsgesetz unterliegen. Liegen die PV-Anlagen bei bis zu 250 kWp sind sie jedenfalls anzeigenpflichtig.
Bewilligungspflichtig bei der Bezirksverwaltungsbehörde:
Bewilligungspflichtig bei der Tiroler Landesregierung (wird bei Wohnhäusern wohl nicht zutreffen):
Achtung neu: Ab dem 1. September 2023 wird es in Tirol für PV Anlagen bis 100 m² weder eine Bauanzeige noch eine Baugenehmigung brauchen.
Sie möchten gerne wissen wie viel vom eigenen PV-Strom selbst verbraucht werden kann, wie groß der Anteil ist, den die PV-Anlage zum Gesamtstromverbrauch tatsächlich beitragen kann oder ob sich ein Batteriespeicher rechnet? Nutzen Sie das Tool SUSI um einen ersten Anhaltspunkt darüber zu erhalten, ob die PV-Anlage, egal ob als Einzel- oder Gemeinschaftsanlage überhaupt rentabel ist.
Eine weitere Möglichkeit ist die Nutzung von TirolSolar, um das Solarpotenzial für den einzelnen Standort bestimmt. Wie das genau funktioniert, erfahren Sie hier. Den Link zu TirolSolar finden Sie unten.
So wie sich Mieter*innen Gartenmöbel oder Blumen auf ihren Balkon stellen dürfen, dürfen sie das auch mit kleinen Photovoltaikanlagen. Für eine feste Montage, etwa an der Balkonbrüstung oder an der Fassade bedarf es hingegen – wenn der Mietvertrag nichts anderes regelt – der Zustimmung des/der Vermieter*in. Im Vollanwendungsbereich des MRG wird die Zustimmung vermutet, wenn der/die Vermieter*in der Maßnahme nicht innerhalb von zwei Monaten widerspricht. Die Montage muss jedenfalls fachgerecht und entsprechend dem Stand der Technik ausgeführt werden. Einer behördlichen Genehmigung bedarf es aufgrund der geringen Kapazität in der Regel nicht. Achtung jedoch bei denkmalgeschützten Gebäuden oder wenn das Ortsbild besonders geschützt ist: hier sollte man sich über die Bewilligungspflicht noch gesondert informieren.
Eine Energiegemeinschaft ermöglicht es, gemeinsam grünen Strom zu produzieren und zu verbrauchen. Das Gesetz kennt verschiedene Formen der gemeinschaftlichen Energieproduktion: Für ein Mehrparteienhaus kommt insbesondere die sogenannte Gemeinschaftliche Erzeugungsanlage in Betracht. Hier werden die einzelnen Wohnungen über eine gemeinsame Erzeugungsanlage – in der Regel eine Photovoltaikanlage am Dach – versorgt. Der nicht verbrauchte Überschuss kann verkauft werden. Für die Etablierung einer Gemeinschaftliche Erzeugungsanlage braucht es lediglich eine vertragliche Vereinbarung der Teilnehmenden.
Etwas größerer bürokratischer Aufwand ist die Gründung einer Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft. Hierfür muss ein Rechtsträger, etwa ein Verein, gegründet werden. Der Vorteil der Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft ist, dass sie nicht auf ein Mehrparteienhaus beschränkt ist – es können ganze Nachbarschaften, ja sogar Gemeinden miteinander verbunden werden. Die Mitglieder profitieren dabei nicht nur vom günstigen Gemeinschaftsstrom, sondern auch von reduzierten Netztarifen und verminderten Abgaben. Energiegemeinschaften stellen zweifellos ein Instrument dar, wie sich Bürger*innen, aber auch öffentliche Einrichtungen und KMUs selbst mit Energie versorgen und dadurch „energiekrisenfest“ werden können.