Luftansicht auf Wiesing

Leitzinssatz & EURIBOR: Definitionen

Medial hört man immer wieder die Begriffe Leitzinssatz & EURIBOR. Doch wie definieren sich diese Zinssätze überhaupt und was sind ihre Auswirkungen? Das erklären wir in diesem Beitrag.

Papierschiff aus Hunderteuroscheinen

Was ist der Leitzins?

Der Leitzins ist jener Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei einer Zentralbank leihen bzw. es dort anlegen können. Die Zentralbank kann diesen Zinssatz nach eigenem Ermessen bestimmen. Über den Leitzins kann sie zum Beispiel die Wirtschaftslage, die Inflation und den Kurs der Währung beeinflussen. Deshalb ist die Höhe dieses Zinssatzes ein wichtiges geldpolitisches Mittel jeder Zentralbank. In der Eurozone ist die Europäische Zentralbank (EZB) für die Festlegung des Leitzinses zuständig.

Jede Zentralbank (z. B. die Europäische Zentralbank oder die Fed in den USA) legt den Leitzins eigenmächtig fest, die Entscheidung wird von einem dafür zuständigen Gremium gefällt. Bei der EZB ist das etwa der EZB-Rat. In der Regel verfolgt die Zentralbank mit der Höhe des Leitzinses bestimmte Ziele wie wirtschaftlichen Aufschwung oder stabile Preise. Die Zinsänderungen werden an vorher festgelegten Terminen öffentlich verkündet. Unter bestimmten Umständen kann es auch zu Zinsänderungen außerhalb der regulären Termine kommen, dies war z.B. am Beginn der Corona-Krise in den USA der Fall.

Arten von Leitzinsen

Wenn von dem Leitzins der EZB gesprochen wird, dann ist grundsätzlich jener Zinssatz gemeint, zu dem sich Geschäftsbanken Geld von der EZB leihen können. Im Fachjargon heißt dieser Zinssatz auch „Hauptrefinanzierungssatz“. Möchte man genau sein, ist jedoch zwischen drei verschiedenen Leitzinsen zu unterscheiden:

  • Einlagesatz/Einlagenzins (deposit facility): Zinssatz, zu dem Geschäftsbanken ihr Geld bei der EZB anlegen können.
  • Hauptrefinanzierungszinssatz (main refinancing operations): Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken von der EZB Geld leihen können.
  • Spitzenrefinanzierungszinssatz (marginal lending facility): Zinssatz, zu dem die Geschäftsbanken kurzfristig („über Nacht“) Geld bei der EZB leihen können.

Funktionen & Auswirkungen des Leitzins

Der Leitzinssatz hat erhebliche Auswirkungen: auf Finanzmärkte, die allgemeine Wirtschaftslage, die Preise und einiges mehr. Auch Privatpersonen bekommen die Folgen zu spüren, wenn etwa die Arbeitslosigkeit sinkt oder sie weniger Kreditzinsen zahlen müssen.

Auswirkung auf die Konjunktur

Zum einen beeinflussen die Leitzinsen die Wirtschaft: Niedrige Zinsen bedeuten, dass sich die Banken billiges Geld bei der EZB besorgen können und insgesamt mehr Geld zur Verfügung steht. Dadurch werden Kredite allgemein günstiger – und Unternehmen werden zum Investieren angeregt. Gleichzeitig lohnt sich Sparen kaum mehr und die Konsumenten geben ihr Geld lieber direkt aus. Auf diese Weise wird die Wirtschaft angekurbelt und die Konjunktur steigt. Bei hohen Zinsen passiert genau das Gegenteil und die Wirtschaftslage wird gebremst. Nicht zuletzt haben Zentralbank-Zinsen eine wichtige psychologische Signalfunktion: Die Zentralbank signalisiert mit einer Senkung beispielsweise den Finanzmärkten, dass sie bereit ist, der Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Allein dies führt oft schon zu steigenden Kursen an der Börse.

Auswirkung auf die Inflation

Der Leitzinssatz hat nicht zuletzt Einfluss darauf, wie sich das allgemeine Preisniveau entwickelt – also auf die Inflation. Denn bei niedrigen Zinsen leihen sich die Banken mehr Geld von der EZB und es ist insgesamt mehr Geld im Umlauf. Dadurch verliert das Geld an Wert und die Preise klettern nach oben – die Inflation nimmt zu. Wenn die Inflation zu stark ist, kann die Zentralbank deshalb die Zinsen anheben – um die Wirtschaft etwas abzukühlen und die Preise zu stabilisieren. Dies hat aber Auswirkung auf die Exportlage und Währung. Außerdem können sich Folgen für den Wechselkurs ergeben. Ein Beispiel: Bei niedrigen EZB-Zinsen wird der Euro für ausländische Anleger unattraktiver – und der Wert des Euro sinkt. Gleichzeitig sind damit Produkte aus der Eurozone billiger und die Nachfrage nach ihnen steigt: Die Exporte nehmen also tendenziell zu.

Der Leitzinssatz wird von den Geschäftsbanken auch an die Verbraucher weitergegeben. Beispielsweise beeinflusst der Leitzins den EURIBOR. Dieser dient wiederum bei variablen Zinsvereinbarungen sehr oft als Referenzzinssatz:

Was ist der EURIBOR?

Die Abkürzung EURIBOR steht für Euro Interbank Offered Rate. Wenn von „dem EURIBOR“ gesprochen wird, ist das übrigens nicht ganz richtig, denn tatsächlich handelt es sich nicht um einen, sondern fünf verschiedene Zinssätze. Diese sind der Durchschnitt aus den Zinssätzen, zu denen sich ausgewählte europäische Banken mit höchster Bonität untereinander für einen festgelegten Zeitraum unbesicherte Euro-Kredite gewähren. Ausgewählt werden die Banken vom Beratungsausschuss der Europäischen Bankenvereinigung. Viele Banken verwenden diesen Zinssatz als Referenz, um die variablen Zinsen für Kredite wie etwa Hypothekendarlehen festzulegen. Wenn Sie einen Immobilienkredit aufnehmen wollen, hat also mit großer Wahrscheinlichkeit der EURIBOR einen wesentlichen Einfluss auf die Konditionen, welche die Bank Ihnen bei variabler Verzinsung bietet.

Veröffentlichung der Werte

Die genauen EURIBOR-Werte werden jeden Tag um 11 Uhr vormittags (Mitteleuropäische Zeit) von Reuters mitgeteilt – allerdings nur an die Banken, denn seit 2014 dürfen die Werte nur mit einer Verzögerung von 24 Stunden veröffentlicht werden. Die aktuellsten EURIBOR-Stände können Sie zum Beispiel hier einsehen. Grundlage der EURIBOR-Werte ist eine theoretische Beobachtung der Marktsituation. Das Gegenteil dazu ist der Euro Overnight Index Average (EONIA), der anhand von tatsächlichen Umsätzen festgelegt wird. EURIBOR gibt es unter diesem Namen seit 1999. Auch davor gab es Referenzzinssätze, allerdings auf nationaler Ebene wie zum Beispiel die Vienna Interbank Offered Rate (VIBOR).

Arten des EURIBORs & Prognosen

3-Monats-EURIBOR & 6-Monats-EURIBOR

Der Begriff 3-Monats-EURIBOR bezieht sich schlicht und einfach auf den Zeitraum, in dem sich die ausgewählten Banken untereinander das Geld leihen. Die maximale Frist sind 12 Monate. Der längst laufende EURIBOR ist also der 12-Monats-EURIBOR. Der 3-Monats-EURIBOR bzw. der EURIBOR auf 6 Monate werden deshalb oft genannt, weil diese am häufigsten verwendet werden. Darüber hinaus wird der EURIBOR außerdem für eine Woche sowie für 1, und 12 Monate ermittelt, daraus ergeben sich die bereits erwähnten 5 verschiedenen EURIBOR-Zinssätze.

Prognosen des EURIBORS

Die Zinssituation des EURIBORS lässt sich nur bis zu einem gewissen Grad vorhersehen, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Entwicklung von so vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Ausschlaggebend sind zum Beispiel Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB). Letztendlich wird der EURIBOR auch mit dadurch beeinflusst, wie viel Geld zur Verfügung steht. Dabei spielen auch politische Faktoren eine große Rolle wie Kriege und Energielieferengpässe. Außerdem könnten verschiedene Nationen in eine Rezension schlittern, worauf dann auch die Notenbanken Rücksicht nehmen müssten. Unter diesen Aspekten lässt sich nicht vorhersagen, wie sich die Zinsen entwickeln werden und welche Auswirkungen dies auf die Zinssätze bei Euro-Krediten haben könnte. Auf EURIBOR-Prognosen, die allzu weit in die Zukunft reichen, sollte man sich besser nicht bedingungslos verlassen. Denn politische und wirtschaftliche Entwicklungen lassen sich nun einmal nicht planen.

EURIBOR & Kreditzinsen

Ein niedriger EURIBOR-Referenzzins ist des einen Freud, des anderen Leid. Denn wer einen Kredit aufnehmen will, profitiert von günstigen Zinsen. Auf der anderen Seite sorgen niedrige Zinssätze bei vielen Sparern für Frustration: Wirklich lohnend waren Sparvorhaben in den vergangenen Jahren bezüglich eines Zinsertrags nicht mehr. Genau genommen entstehen die variablen Zinsen für einen Immobilienkredit nicht allein aus dem EURIBOR. Dieser dient als Leitzins, dazu kommt aber noch der Bankenzinssatz bzw. der Bankenaufschlag. Und an dieser Stelle kann man die Kreditverzinsung positiv beeinflussen, denn geschicktes Verhandeln und gute Bonität tragen dazu bei, dass Sie bessere Konditionen bekommen.

Gemeinsam ergeben Leitzins und Bankenaufschlag den variablen Nominalzinssatz, also den Satz, den Sie als Kreditnehmer zurückzahlen. Das verdeutlicht: Der EURIBOR wirkt sich auf nahezu jeden variabel verzinsten Kredit aus, es sei denn, der Kredit orientiert sich an einem anderen Leitzins. Dementsprechend lohnt es sich, die EURIBOR-Entwicklung zu beobachten.

Oft gestellte Fragen

Was ist der Leitzinssatz?

Der Leitzins ist jener Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei einer Zentralbank leihen bzw. es dort anlegen können. Die Zentralbank kann diesen Zinssatz nach eigenem Ermessen bestimmen. Über den Leitzins kann sie zum Beispiel die Wirtschaftslage, die Inflation und den Kurs der Währung beeinflussen. Deshalb ist die Höhe dieses Zinssatzes ein wichtiges geldpolitisches Mittel jeder Zentralbank.

Wer bestimmt den Leitzins für den Euro?

In der Eurozone ist die Europäische Zentralbank (EZB) für die Festlegung des Leitzinses zuständig.

Wann ändert sich der Leitzins?

Die Zinsänderungen werden an vorher festgelegten Terminen öffentlich verkündet. Unter bestimmten Umständen kann es auch zu Zinsänderungen außerhalb der regulären Termine kommen, dies war z.B. am Beginn der Corona-Krise in den USA der Fall.

Welche Auswirkungen hat der Leitzins auf die Inflation?

Der Leitzinssatz hat nicht zuletzt Einfluss darauf, wie sich das allgemeine Preisniveau entwickelt – also auf die Inflation. Denn bei niedrigen Zinsen leihen sich die Banken mehr Geld von der EZB und es ist insgesamt mehr Geld im Umlauf. Dadurch verliert das Geld an Wert und die Preise klettern nach oben – die Inflation nimmt zu. Wenn die Inflation zu stark ist, kann die Zentralbank deshalb die Zinsen anheben – um die Wirtschaft etwas abzukühlen und die Preise zu stabilisieren.

Was ist der EURIBOR?

Die Abkürzung EURIBOR steht für Euro Interbank Offered Rate. Diese sind der Durchschnitt aus den Zinssätzen, zu denen sich ausgewählte europäische Banken mit höchster Bonität untereinander für einen festgelegten Zeitraum unbesicherte Euro-Kredite gewähren. Ausgewählt werden die Banken vom Beratungsausschuss der Europäischen Bankenvereinigung.

Warum ist der EURIBOR wichtig?

Viele Banken verwenden den EURIBOR als Referenz, um die variablen Zinsen für Kredite wie etwa Hypothekendarlehen festzulegen. Dazu kommt noch der sogenannte Bankenaufschlag, der dazugerechnet wird.

Welche EURIBOR-Arten gibt es?

Die insgesamt 5 EURIBOR-Arten sind bestimmt durch ihre Laufzeit, es gibt daher den EURIBOR für: 1 Woche, 1 Monat, 3 Monate, 6 Monate und 1 Jahr. Der 3-Monats-EURIBOR und 6-Monats-EURIBOR wird allgemein am häufigsten verwendet.

Zurück zur Übersicht

Kurz zusammengefasst

Der Leitzins ist jener Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken Geld bei einer Zentralbank leihen bzw. es dort anlegen können. Die Zentralbank kann diesen Zinssatz nach eigenem Ermessen bestimmen. Über den Leitzins kann sie zum Beispiel die Wirtschaftslage, die Inflation und den Kurs der Währung beeinflussen. Deshalb ist die Höhe dieses Zinssatzes ein wichtiges geldpolitisches Mittel jeder Zentralbank. In der Eurozone ist die Europäische Zentralbank (EZB) für die Festlegung des Leitzinses zuständig.

Der Leitzins wiederum beeinflusst den sogenannten EURIBOR, welcher den Durchschnitt aus den Zinssätzen, zu denen sich ausgewählte europäische Banken mit höchster Bonität untereinander für einen festgelegten Zeitraum unbesicherte Euro-Kredite gewähren wiedergibt. Ausgewählt werden die Banken vom Beratungsausschuss der Europäischen Bankenvereinigung. Viele Banken verwenden den EURIBOR als Referenz, um die variablen Zinsen für Kredite wie etwa Hypothekendarlehen festzulegen. Dazu kommt noch der sogenannte Bankenaufschlag, der dazugerechnet wird.

Ähnliche Beiträge

Zinsen: Die wichtigsten Definitionen

Welche Zinsarten gibt es? Wie berechnet man diese? In diesem Beitrag geben wir Auskunft über …

Mehr erfahren

Pfeil nach oben mit Prozentzeichen

Inflation & Verbraucherpreisindex: Definitionen

Was bedeutet Inflation und wie wird diese gemessen? Diesem Thema sowie den Konsequenzen darau…

Mehr erfahren

Verschiedene Baumaterialien und Bodenbeläge

Die beliebtesten Bodenbeläge

Hier können Sie einen groben Überblick über die verschiedenen Böden erhalten.

Mehr erfahren

Beitragsbild zur Mülltrennung: verschiedene Mülltonnen werden mit verschiedenen Materialien befüllt

Müll trennen

So trennen Sie Ihren Müll richtig. Die richtige Entsorgung Ihres Mülls ist sehr wichtig für …

Mehr erfahren

Beitragsbild zum Stromsparen: mit Münzen befülltes Glas wird von der Sonne angestrahlt

Strom sparen

So sparen Sie Strom Stromsparen im Haushalt: Durch moderne Technologie oder einfaches „Gewus…

Mehr erfahren

Kleine Miniatur-Handwerker mit Werkzeug als Symbol für die Wartungstipps

Wartungstipps

Was in Ihrer Wohnung gewartet gehört: Weil eine Wohnung und Ihre Umgebung in erster Linie ei…

Mehr erfahren

Beitragsbild zu richtig lüften: offenes Fenster zum Lüften

Richtig lüften

Grundsätzlich sollten Sie alle Räume regelmäßig mehrmals am Tag intensiv lüften – insbesonder…

Mehr erfahren

Beitragsbild zu Wasser sparen: Wasser läuft aus dem Wasserhahn

Wasser sparen

Grundsätzlich ist es relativ einfach, Wasser zu sparen. Dabei ist sowohl das Kalt- als auch d…

Mehr erfahren

Beitragsbild zu richtig heizen: Heizung wird angemacht

Richtig heizen

Gerade im Winter ist eines besonders wichtig: Richtig heizen und richtig lüften. Denn so wird…

Mehr erfahren